WA vol.8

Schreine und Tempel

Schreine und Tempel

Mystische Spiritualität in Japan

„Götter, Buddha, Vorfahren, bitte helft mir!“, ist in Japan ein häufiges Gebet. Auch wenn es für Anhänger monotheistischer Religionen seltsam erscheinen mag, können in Japan Shinto-Götter und Buddha Seite an Seite existieren. Der Schrein Nyakuichioji-jinja in Omachi City, in der Präfektur Nagano, ist ein gutes Beispiel für dieses japanisches Denken. Neben dem Schreintor steht eine dreistöckige buddhistische Pagode. Nachdem die Menschen den Schrein besucht haben, besuchen sie den Tempel nebenan. Dies ist nicht der einzige Ort in Japan, an dem Schrein und Tempel nebeneinander stehen. Der Tempel Kofuku-ji, bekannt für seinen nationalen Schatz, die Ashura-Statue, wurde im 8. Jahrhundert direkt gegenüber des Schreins Shinto Kasuga Taisha in Nara gebaut. Jingu-ji, oder die Kombination von Shinto-Schreinen und buddhistischen Tempeln, steht für eine Kultur, in der Götter und Buddha seit über 1500 Jahren in Harmonie existieren.

Laut japanischer Mythologie wurden Götter und Menschen aus der Natur geboren und Anhänger des Shintoismus haben eine Vielzahl von Göttern aus alten Zeiten bewundert. Als der Buddhismus nach Japan kam, wurde Buddha als einer dieser Götter akzeptiert. Schreine sind für die Verehrung der Natur, während Tempel als Orte angesehen werden, an denen man lernen kann, wie man ein korrektes spirituelles Leben lebt. Einige betrachten den Shintoismus als Idee des gemeinsamen Glaubens und Buddhismus als ein Glaubenssystem für individuelle Unterstützung. Beim Shintoismus, der viele Götter hat, aber keine Schrift, kommt es bei jedem Schrein darauf an zu wissen, was er verkörpert. Der Animismus, d. h. der Glaube, dass Sonne, Berge, Wasserfälle, Bäume und Steine, Pflanzen und andere Gegenstände in der Natur charakteristische spirituelle Essenzen haben, und der Manismus, d. h.  der Glaube, dass die Verstorbenen zu Göttern werden, existieren im Shintoismus zusammen. So gilt zum Beispiel der Berg Fuji als heilig und die drei großen Schreine in Kumano (Kumano Sanzan) verkörpern den Geist der Berge, während der Schrein Meiji-jingu die Seelen von Kaiser und Kaiserin Meiji verkörpert. 

Die Tempel werden nach Sekten klassifiziert, wobei jede Sekte unter-schiedlichen Lehren folgt. Zwei wichtige Beispiele sind die Shingon-Sekte, die von Kukai gegründet wurde, und die Tendai-Sekte, deren Lehren von Saicho verbreitet wurden. Shinto und Buddhismus existierten in Harmonie bis zur sogenannten Meiji-Restaurierung, bei der das Tokugawa Shogunat, das Japan seit über 300 Jahren regiert hatte, die Macht an den Kaiser verlor. Da die neue Regierung den Shintoismus als die nationale Religion betrachtete, wurden viele buddhistische Tempel zerstört. Bis zu Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg, als der Shintoismus von der Regierung getrennt wurde, wurde der Buddhismus unterdrückt. Nach dem Krieg wurde der Buddhismus von vielen Japanern wieder begrüßt. Am Silvesterabend hört man Glöckchen zu, die im buddhistischen Tempel das alte Jahr ausläuten (joya no kane), und am Neujahrstag besucht man Shinto-Schreine, um im neuen Jahr für Glück zu beten. So hat sich der Glaube an Götter und Buddha auf natürliche Weise in Form von Bräuchen und Gewohnheiten in das Leben der Japaner integriert.

Verehrungsetiquette und der Unterschied zwischen Göttern und Buddha

Eingang

Das Tor am Eingang eines Schreins heißt Torii, das Tempeltor Sammon. Das Tor fungiert als Grenze zwischen der physischen und der heiligen Welt. Durch das Tor zu gehen, reinigt uns und erlaubt uns, zu den Göttern zu beten. Um Respekt zu zeigen, verbeugen sich die Menschen vor dem Betreten einmal am Tor. 

Gegenstände der Verehrung

Der Hauptunterschied zwischen Schreinen und Tempeln liegt in den Gegenständen, die verehrt werden. Im Shintoismus gibt es keine Götter in physischer Form, sondern nur als Elemente in der Natur, z.B. in Bergen, Wäldern und riesigen Bäumen. Im Buddhismus wurden zunächst Pagoden mit Buddhas Asche verehrt, was später auf Buddha-Statuen überging. 

Verehrung

Gläubige treten zunächst durch das Tor eines Schreins oder Tempels und reinigen ihre Hände und den Mund symbolisch mit Wasser. Sowohl in Schreinen als auch in Tempeln legen die Gläubigen vor dem Beten auch Münzen in eine Sammelbox. Bei Schreinen verbeugen sich die Gläubigen zweimal nach dem Einlegen ihrer Gabe in den Sammelbehälter, klatschen zweimal sanft in die Hände, sagen ein Gebet auf und verbeugen sich noch einmal. Dies ist darauf zurückzuführen, wie die Menschen früher adligen Menschen Respekt erwiesen haben. In den Tempeln legen die Gläubigen ihre Handflächen auf Brusthöhe zusammen, verbeugen sich leicht und sagen vor der heiligen Statue von Buddha ein kurzes Gebet auf. 

Empfehlung: Besuchen Sie Schreine und Tempel, die Sonderprogramme anbieten

Takigyo – die Wasserfallmeditation (Reinigen Sie sich durch das Meditieren unter einem Wasserfall)

Der Zweck von Takigyo ist es, Geist, Körper und Seele zu reinigen, indem man unter einem kalten Wasserfall sitzt und das Geräusch, die Schmerzen und die Kälte aushält. In früheren Zeiten haben buddhistische Novizen, die Shugenja oder Yamabushi genannt wurden, vor ihrer Ordination eine Takigyo-Meditation gemacht. Nach dem Sitzen unter einem Wasserfall, das Sie eins mit der Natur werden lässt, können Sie vielleicht etwas Neues über sich selbst entdecken. 

Takaosan Yakuoin Temple
2177 Takao-machi, Hachioji City, Tokyo

Überqueren des Flusses Sanzu am Berg Osore

Am Fuße vom Berg Osore befindet sich der künstliche Fluss Sanzu und eine Taiko, eine Bogenbrücke, die die Trennung zwischen der physischen und der spirituellen Welt symbolisiert. Der Berg ist einer der drei großen heiligen Berge Japans. Hinter der Brücke wird eine mystische Landschaft sichtbar, die an Himmel und Hölle im Nachleben erinnert. Die Brücke ist steil und soll einen Berg von Nadeln symbolisieren, die verhindern, dass sündige Menschen sie überqueren können. 

Osorezan Bodai-ji Temple
3-2 Usorisan, Tanabe, Mutsu City, Aomori Präfektur

Fasten, um den Geist zu reinigen

Fasten soll uns von bösen Gedanken befreien. Essen Sie einige Tage lang nichts, um zu sich selbst zu finden. Fasten ist eine asketische Praxis, um den Geist zu stärken. Da man davon ausgeht, dass Gebete, die während des Fastens gemacht werden, beantwortet werden, wird dies von buddhistischen Priestern praktiziert. Die Erfahrung des Fastens in einem Tempel gibt Ihnen die Möglichkeit, über Ihren Alltag nachzudenken. 

Koshin-ji Temple
5500 Koshin, Jinsekikogen-cho, Jinseki-gun, Hiroshima Präfektur

Schreine, die besondere Segen bieten

Gewinnspiel: Hoto-jinja Shrine

Besuchen Sie den Schrein Hoto-jinja , wenn Sie auf einen Schlag viel Geld gewinnen möchten. Der Name Hoto bedeutet, Schätze zu gewinnen. Der Schrein erhielt diesen Namen, weil viele Besucher bei Gewinnspielen gewonnen haben, nachdem sie hier beteten. Besuchen Sie den Schrein, um zu sehen, ob es funktioniert. 

Hoto-jinja Shrine
523 Takashima, Karatsu City, Saga Präfektur

Haarwuchs: Mikami-jinja Shrine

Der Schrein Mikami-jinja ist der einzige Schrein für Haare in Japan. Er verkörpert die Seele von Fujiwara Unumenosuke Masayuki, dem ersten Friseur Japans. Der Schrein ist als Kraftort für Menschen bekannt, die mehr Haare auf dem Kopf haben wollen, und für Menschen aus der Friseurbranche. Auf dem Gelände des Schreins gibt es einen Hügel aus Haaren, an dem Gebete für Haarwuchs angeboten werden. 

Mikami-jinja Shrine
10-2 Saga-Ogurayama-Tabuchiyama-cho, Ukyoku, Kyoto City, Kyoto Präfektur

Auflösung einer Beziehung: Yasui Kompira-gu Shrine

Weil Kaiser Sutoku an den Schrein kam, um sich aus der fleischlichen Welt zu lösen, wurde er zu einem Ort, an dem man beten kann, um sich von Leiden zu befreien und dazu zählen auch schlechte Beziehungen zu Menschen. Gehen Sie durch den kleinen Tunnel hin und her um eine Beziehung mit Krankheit und schlechten Gewohnheiten, wie Rauchen oder Glücksspiel, zu beenden und eine Beziehung mit dem Glück zu beginnen. 

Yasui Kompira-gu Shrine
70 Shimobenten-cho, Higashiyama-ku, Kyoto City, Kyoto Präfektur