TECHNOLOGY ARCHIVE vol.7

Fortschritte zur Herstellung von Gesenken führen zur Weiterentwicklung der Wendeschneidplatte

Fortschritte zur Herstellung von Gesenken führen zur Weiterentwicklung der Wendeschneidplatte

Technologien für die Herstellung von Gesenke: eine Voraussetzung für das Entstehen von Wendeschneidplatten

Die Hochleistungswerkstoffe, die in der Automobil-, Luftfahrtindustrie und der Medizintechnik zum Einsatz kommen, sind häufig schwer zu bearbeiten. Dies trägt zur Entwicklung neuer Zerspanungswerkzeuge bei. Während in der Werkzeugindustrie einheitlich geformte Wendeschneidplatten (WSP) mit neuen zusätzlichen Fähigkeiten erarbeitet werden, ist über die Entwicklung der Geometrie-Technologie nicht viel bekannt. Eine der Abteilungen, die sich mit der Weiterentwicklung der WSP-Herstellung befasst, ist die Mould Group. Diese Abteilung stellt die Gesenke her, welche die Grundlage für die Herstellung der WSP bilden. Schauen wir uns einmal die Geschichte der Gesenkeherstellung bei Mitsubishi Materials an, von der Zeit vor dem Aufkommen der ersten NC-Maschinen bis zum heutigen Tag.

NAHAUFNAHME

Die Bedeutung der Gesenke für die WSP-Herstellung

Dies sind die Prozessschritte bei der Herstellung von Hartmetall-Wendeschneidplatten:

  1. Wolframcarbid (WC) wird mit Kobalt (Co) vermischt und zu einem Pulver getrocknet.
  2. Das Pulver wird in eine Form gefüllt und gepresst. 
  3. Das gepresste Pulver wird auf mindestens 1300 Grad Celsius erhitzt, um einen Sinterformteil zu erzeugen.
  4. Dieser kann nun bearbeitet werden (durch Schleifen, Feinschleifen usw.).
  5. Das Endprodukt wird CVD- oder PVD-beschichtet und anschließend wird eine Abschlussinspektion durch-
    geführt.

Die meisten der WSP von Mitsubishi Materials werden mit diesen Verfahrensschritten hergestellt. Für Schritt 2 (Pressvorgang) werden Gesenke für die WSP-Herstellung benötigt. Ein Gesenk wird an die Pressmaschine montiert und mit Pulver gefüllt. Anschließend beginnt der Pressvorgang. Mit einer automatisierten Pressanlage können innerhalb von 24 Stunden mehrere Tausend WSP hergestellt werden. Die Formen sind für einige Tausend Pressvorgänge ausgelegt.

Die Bedeutung der Gesenke für die WSP-Herstellung

Teil 1 : 1970~

Die Geburt der Wendeschneidplatte

Mitsubishi Materials brachte im Jahr 1956 seine gelöteten Werkzeughalter auf den Markt. Diese wurden hergestellt, indem man mit einem Silberlötverfahren Hartmetallrohlinge an der Kante eines Kupferschaftes befestigte. Diese Produkte boten hervorragende Abrieb- und Bruchfestigkeit sowie überlegene Bearbeitungsleistung, verursachten jedoch enorme Kosten, da der gesamte Werkzeughalter entsorgt werden musste, wenn ein Teil von ihm beschädigt war. 

Um dieses Problem zu lösen, entwickelten wir Werkzeuge mit austauschbarer Hartmetall-WSP. Die ersten WSP hatten einfache dreieckige, quadratische oder runde Formen mit flachen Oberseiten. Bald kamen die ersten Spanbrecher an die Spanfläche, um die Spankontrolle zu verbessern und den Bearbeitungswiderstand zu verringern. Man darf nicht vergessen, wie schwierig es damals war, Spanbrecher herauszuschleifen. Hinzu kam, dass WSP mit Spanbrechern eine längere Fertigungszeit hatten und auch teurer waren. Dies veranlasste uns zur Entwicklung eines Verfahrens, mit dem man den Spanbrecher während des Pressens direkt auf die Oberfläche der WSP stanzen konnte. Dadurch war es möglich, die Spanbrecher in den Hartmetallwerkstoff zu integrieren, indem man die Kontaktflächen des oberen und unteren Stempels der Pressform mithilfe von Elektroerosionsverfahren (EDM) ausformte. Da wir jedoch nur Allzweck-Fräsmaschinen für die Herstellung von Elektroden hatten, konnten wir entlang der Kante lediglich Spanbrecher mit einem einfachen Querschnitt herstellen. Diese wurden als Umfangs-Spanbrecher bezeichnet.

Teil 2 : 1980~

Der Beginn der NC-Ära Einführung von Spanbrechern

NC-Bearbeitungszentren kamen um das Jahr 1980 auf. Das Aufkommen dreidimensionaler CAD-Daten erleichterte die Schaffung von NC-Programmen für die Bearbeitung von Elektroden zur Bearbeitung komplexer geschwungener Oberflächen mithilfe von Kugelkopffräsern. Diese völlig neue Flexibilität bei der Gestaltung von Spanbrechern ermöglicht es dem Hersteller, diese in den verschiedensten Formen und für unterschiedliche Zwecke einzusetzen. So wurde auch die Entwicklung des MA-Typs und der Spanbrecher mit positivem 7-Grad-Spanwinkel möglich. Vor der Entwicklung der Bearbeitungszentren wurden die Programmierdaten für die Elektrodenbearbeitung mithilfe von Lochkarten oder Disketten eingegeben. 

Danach folgten hochkomplizierte Abläufe, die wir uns heute kaum mehr vorstellen können. Yoji Takimoto von der Mould Group erinnert sich noch gut an die alten Methoden und sagt: „Zur Dateneingabe verwendeten wir Lochstreifen aus Papier. Das waren schwarze Pappstreifen, in die Löcher gestanzt wurden. Die Daten wurden von einer Spezialmaschine anhand der Abfolge der Löcher ausgelesen. Es war ein langwieriger und ermüdender Vorgang, und für die Daten eines einfachen Umfangs-Spanbrechers brauchte man einen Lochstreifen, der zehn Meter lang war. Auch die Dateneingabe war zeitintensiv ... und wenn wir einen Fehler machten, mussten wir jedes Mal ganz von vorne anfangen. Dies kostete eine Menge Zeit und Energie.“ Anschließend prüften Spezialisten mit manuellen Messgeräten, beispielsweise mit Werkzeugmacher-Mikroskopen und Messschrauben, ob die fertige Form mit den Zeichnungen übereinstimmte. Es war nicht einfach, den Abstand zwischen der Matrize und den oberen und unteren Stempeln zu messen. Daher verwendete man für die Produktions-Feineinstellung eine eigens entwickelte Technik namens Suriawase (d.h. „manuelle Anpassung“). 

Teil 3 : 2000~

Geschwungene Schneidkanten, Zweiloch-WSP und andere komplexe Geometrien

Nach dem Jahr 2000 wurden alle WSP und Gesenke mithilfe dreidimensionaler CAD-Verfahren entworfen. Aus dem dreidimensionalen Modell konnte man dank der verbesserten CAM-Funktionen Programme für die Bearbeitung von Elektroden für EDM-Verfahren erstellen. Dies erhöhte die Flexibilität bei der Konstruktion enorm, nicht nur bei Spanbrechern, sondern für die gesamte WSP. Darüber hinaus hatten sich die Messinstrumente und die Geräte zur Herstellung der Gesenke deutlich verbessert. Aufgrund dieser Fortschritte waren nun WSP mit neuen Geometrien möglich, die man mit den herkömmlichen Technologien niemals hätte herstellen können.

Die in dieser Zeit aufkommenden dreidimensionalen Messgeräte ermöglichten zudem das exakte Vermessen dieser geometrischen Formen. Diese Verbesserungen im Bereich der Bearbeitungs- und Messtechnologien machten den Weg frei für neue Fortschritte bei den Herstellungsverfahren. Im Gefolge der Weiterentwicklung derartiger Herstellungsverfahren machte auch die Gesenkherstellung enorme Fortschritte. Tomotsugu Goda, der damals in diesem Bereich arbeitete, erinnert sich: „Aufgrund der höheren Flexibilität bei der Konstruktion der WSP kamen von der Entwicklungsgruppe immer komplexere Aufträge. Unsere Aufgabe war es, kundenspezifische Gesenke für das Pressen des Pulvers zu entwickeln. 

CAD-Verfahren ermöglichen unkom-plizierte Modellierung, doch die Herstellung der eigentlichen Presspulvereinheiten ist eine echte Herausforderung. 

Wir arbeiten jedoch daran, eine Methode zu entwickeln, mit der sich alle Gesenke realisieren lassen, die von der Entwicklungsabteilung in Auftrag gegeben werden.


Teil 4 : 2010~

Weitere Optimierungen durch neue Technologien und innovative Ideen

Ab 2010 kamen immer neue WSP mit komplexeren Geometrien auf den Markt. Wichtige Beispiele hierfür sind die WSP für  die VFX-Fräser mit vertikalen Schneidkanten und horizontalen Klemmbohrungen sowie die WSP für die VOX-Serie mit vielen Schneidecken und unterschiedlichen Spanbrechern. Manche WSP hatten Formen, bei denen beim Einsatz eines herkömmlichen Pressverfahrens die Presspulvereinheit nicht von der Matrize getrennt werden konnte. Deswegen wurden Spezialgesenke entwickelt, bei denen die Trennung der Matrize doch möglich war. 

Während die Leistungseigenschaften der WSP immer besser wurden, erhöhte sich auch die Komplexität der Formen. Man benötigte für die geteilten Gesenke mehr Komponenten. Dies bedeutete, dass jedes Einzelteil präziser geformt sein musste. Die Verfahren für das Einsetzen der Formen in die Pressmaschinen werden ebenfalls immer komplexer.

Im Verlauf ihrer langen Geschichte hat die Mould Group einen enormen Beitrag zur Realisierung einer großen Zahl von WSP geleistet, indem sie die Gesenke optimiert, die Technologie weiterentwickelt und die Prozesse verbessert hat. Herr Goda, der an der Lösung der Probleme bei der Herstellung eines breiten Formenspektrums beteiligt war, erklärt: „Ich ermutigte die Mitglieder des neuen Produktentwicklungsteams, frei heraus ihre Meinung zu sagen und uns mitzuteilen, was sie benötigten. Wir können zwar nicht alle ihre Ideen umsetzen, aber wir wollen in dieser Hinsicht nichts unversucht lassen. Man weiß erst, was man erreichen kann, wenn man es versucht hat. Das Streben nach Innovation macht den wahren Reiz des Formenbaus aus.“

Kentaro Ono ist in derselben Produktentwicklungsabteilung für die Pressverfahren zuständig. Er war zehn Jahre lang bei der Mould Group und möchte, dass die Kunden die komplexen Eigenschaften der WSP verstehen. Jede WSP ist das Ergebnis des Engagements hochmotivierter Spezialisten und ihres Fingerspitzengefühls bei der Umsetzung komplexer Verfahren. Am Ende des Interviews verrät er uns seine Vision: „Ich hoffe, dass wenn die Fachleute dieser Branche (einschließlich unserer Kunden) unsere WSP sehen, sich fragen werden, wie wir das geschafft haben. Dies ist für mich ein enormer Ansporn, weiterhin solche innovativen Produkte zu entwickeln.“

Ein Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte der WSP-Formen

Formen sind unser Leben. Wenn wir ein Produkt sehen, stellen wir uns unwillkürlich vor, welche Form jemand benutzt haben muss, um ihm dieses Aussehen zu geben. Eine Form ist wie der Schatten des Artikels, den man herstellen will.

Die Formen, die wir entwickeln, bekommt der Kunde zwar niemals zu Gesicht, doch ohne sie wäre keine WSP-Herstellung möglich. Wir empfinden persönliche Verantwortung und sind stolz auf die wichtige Arbeit, die wir als Spezialisten leisten, damit die Entwicklung und Herstellung erstklassiger WSP möglich wird. 

Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die erst seit Kurzem bei der Firma arbeiten, leisten häufig besonders wertvolle Beiträge zur Lösung von Problemen und haben richtig gute Ideen für neue Bearbeitungsverfahren. 
Wir arbeiten partnerschaftlich zusammen, unabhängig vom Alter oder dem Erfahrungsstand. Unser gemeinsames Ziel ist es, innovative WSP-Formen herzustellen. 

(Von links nach rechts) Kentaro Ono, Production Engineering Dept. Production Engineering Group (When we interviewed them).
Yoji Takimoto, Production Engineering Dept. Mould Group
Tomotsugu Goda, Production Engineering Dept. Mould Group