Für Stähle
Für rostfreie Stähle
Für Gusseisen
Für Nichteisenmetalle
Für schwer zerspanbare Materialien
Für gehärtete Materialien
Als wir den ersten Stock eines unauffälligen Gebäudes im Tokioter Stadtteil Arakawa betraten, fiel mein Blick auf ein kleines S191-Bearbeitungszentrum des Schweizer Herstellers BUMOTEC. Der CEO Herr Takashi Takayama war in die Schweiz gereist, um eine solche Hochleistungsmaschine zu kaufen. Er hat noch gut in Erinnerung, was der Geschäftsführer von BUMOTEC nach dem Abschluss der Kaufs zu ihm sagte. Er war überrascht, dass eine Firma mit weniger als zehn Mitarbeitern eine solche Maschine kaufen wollte. Als er jedoch sah, wie effizient Herr Takayama die S191 für die Herstellung von Produkten eingesetzt hatte, nannte er ihn einen Künstler.
„Die Firma BUMOTEC empfiehlt ihren japanischen Unternehmenskunden heute, sich erst mit mir zu beraten, ehe sie ein Bearbeitungszentrum kaufen. Es sieht so aus, als wäre ich heute ein ehrenamtlicher BUMOTEC-Berater“, sagt Herr Takayama lachend.
Eine andere Fabrik verfügt über drei dieser Bearbeitungszentren. „Hierbei handelt es sich um TRAUB-Langdrehautomaten der Baureihe TNL, die von der Firma INDEX in Deutschland hergestellt werden. Es gibt nur drei dieser Modelle in ganz Asien, und alle stehen in unserem Werk.“
Takayama Instrument verwendet diese Maschinen aus Übersee für die Herstellung von Scheren und Pinzetten, die im Rahmen von Bypass-Operationen in der Neurochirurgie zum Einsatz kommen. Der Anteil dieser Scheren auf dem heimischen Markt hat ca. 90% erreicht, mit anderen Worten: Die meisten Neurochirurgen in Japan verwenden sie. Eines dieser Instrumente von Takayama trägt den Namen Kamiyama Microscissors Muramasa Special. Diese Mikroscheren wurden eigens für Hiroyasu Kamiyama entwickelt, einen Neurochirurgen am Sapporo-Teishinkai-Klinikum.
Sie sind heute weltweiter Standard für Neurochirurgie-Scheren. Die Dicke der Schneide beträgt nur 0,08 mm. Sie ist also extrem dünn und äußerst scharf. Für diese Produkte gibt es nun ein Vertriebsteam, das in 30 Ländern aktiv ist. Die Verkäufe in Übersee sind in den zwei Jahren nach der Markteinführung auf ein Volumen von ca. 30% des Unternehmensumsatzes gestiegen.
„Ich halte mich aus geschäftlichen Gründen ca. 100 Tage im Jahr außerhalb Japans auf. Da wir immer mehr Exportpartner bekommen, müssen wir uns auch stärker anpassen, um die regulatorischen Vorgaben in den verschiedenen Ländern zu erfüllen. Die ganzen Vorschriften für alle Produktionsprozesse einzuhalten, ist nicht ganz einfach, aber es ist die Mühe wert, wenn wir dadurch den Kunden zufriedenstellen können“, erklärt der CEO Herr Takayama.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1905 pro-duziert die Firma Takayama Instrument Scheren, Skalpelle und andere Instrumente für den Einsatz im Bereich der Medizin. Bis zur Mechanisierung des Unternehmens wurde jedoch alles von Hand erledigt. „Wir hatten keine Zeichnungen, nur alte Muster, die unsere Fachleute zu Vergleichszwecken nutzen. Es war, als ob wir jedes Mal bei Null anfangen müssten. Ich wusste, wir mussten die Mechanisierung vorantreiben, um für die Massenproduktion konsistente Qualität zu gewährleisten.“ Doch unser Knowhow im Bereich der maschinellen Bearbeitung war noch gering. Deshalb setzte sich Herr Takayama hin und begann, aus Büchern zu lernen. Dabei eignete er sich umfangreiches Wissen über Werkstofftechnologien und -bearbeitungsverfahren an. Er realisierte und optimierte Maschinen und entwarf selbst Werkzeuge, um noch effizientere Verfahren und Techniken zu entwickeln.
In der Zwischenzeit traf Herr Takayama den als große Kapazität geltenden Chirurgen Yasuhiro Kamiyama. Dr. Kamiyama hat auch chirurgische Instrumente entwickelt, weil er die Neurochirurgie voranbringen wollte. Eines dieser Instrumente trägt den Namen Kamiyama Microscissors Muramasa Special.
Es kann kleine Läsionen herausschneiden, die sich tief im Inneren des Gehirns befinden. Daher muss seine Schneide so dünn wie möglich sein. Diese extrem dünnen Schneiden verhinderten jedoch das präzise Aufeinandergleiten der beiden Klingen, was die Leistung des Instruments beeinträchtigte. Dr. Kamiyama erwog daher die Verwendung gebogener Klingen, aufgrund ihrer höheren Stabilität. Herr Takayama setzte diese Idee um. Heute werden damit erfolgreich Mikroscheren hergestellt, die besonders scharf sind.
Seit dieser Zeit hat Herr Takayama bei der Produktentwicklung immer ein offenes Ohr für Dr. Kamiyama. Herr Takayama bat Dr. Kamiyama außerdem um die Erlaubnis, bei Operationen zusehen zu dürfen, um sich mit den Handbewegungen des Chirurgen während des Eingriffs vertraut zu machen. Nachdem er darüber hinaus viele Bücher zum Thema Neurochirurgie gelesen hatte, erwarb der durch die Beobachtung der Arbeitsabläufe eines Chirurgen ein tieferes Verständnis für die Materie und hatte viele neue Ideen zu Produktentwicklung.
Als er bei einer Operation zuschaute, fiel unserem CEO Herrn Takayama etwas Wichtiges auf. Neurochirurgische Eingriffe dauern mindestens zwei Stunden. Der entscheidende Arbeitsschritt, nämlich die Entfernung der Läsion, dauert eigentlich nur 20 Minuten. Doch der Neurochirurg muss während des gesamten Eingriffs hochkonzentriert sein.
„Der Chirurg darf sich keinen Moment der Unachtsamkeit erlauben. Ich habe mich gefragt, wie ich dem Chirurgen die Arbeit erleichtern könnte. Nachdem ich bei vielen Operationen zugeschaut hatte, kannte ich das Arbeitsumfeld in der Chirurgie und wusste, wie viel Platz in einem OP zur Verfügung steht. Ich beschloss, besonders benutzerfreundliche Werkzeuge her-zustellen und den Schwerpunkt dabei auf das Schneiden und Vernähen zu legen.“
Dies führte zur Entwicklung unserer Pinzetten mit Wolfram-Spitzen. Für das Vernähen benötigt man Pinzetten und Mikronadeln. Wenn diese jedoch aus Edelstahl bestehen, ist ihre Oberfläche zu glatt. Man benötigt in diesem Fall acht Stiche, um ein Blutgefäß mit einem Durchmesser von 1 mm zu vernähen, und es gibt nur wenige Chirurgen, denen dies problemlos gelingt. Herr Takayama arbeitete bei der Entwicklung besserer Werkzeuge mit Dr. Rokuya Tanigawa zusammen, der bei Dr. Kamiyama gelernt hatte. Eines dieser Werkzeuge waren unsere rutschfesten Pinzetten mit Wolfram-Spitzen. „Die Pinzetten mit rutschfesten Spitzen verkürzen die für das Vernähen benötigte Zeit von 20 auf 15 Minuten, und der Chirurg kann nun ganz andere Nahttechniken verwenden. Allein im ersten Jahr wurden in Japan mehr als 600 dieser Instrumente verkauft.“
Herr Takayama erklärte uns, dass die Änderung der Kantenausgestaltung im Hinblick auf bessere Rutschfestigkeit im Grunde nicht neu ist, doch als man ein Partnerunternehmen damit beauftragte, Wolfram in den Spitzen zu verwenden, konnte das Unternehmen diese Aufgabe nur unter Schwierigkeiten lösen. So entwickelte man ein Verfahren, um das Wolfram in einem plasmaähnlichen Zustand zu halten, es zu ionisieren und es dann in die Schneide des Nähinstrumentes einwandern zu lassen. Dies ist eigentlich eine einfache Idee, doch um sie zu verwirklichen, benötigt man fundiertes Wissen über Metalle. Woher nimmt er all diese innovativen Ideen? Herr Takayama meint dazu: „Ich muss einfach immer nach Wegen suchen, um die Chirurgie noch sicherer zu machen.“
Die Produkte von Takayama Instrument stehen bei Chirurgen hoch im Kurs, denn mit ihnen kann ein Eingriff in deutlich kürzerer Zeit abgeschlossen werden. Die Instrumente schneiden hervorragend und liegen sicher in der Hand. Qualitätsverbesserungen bei Endoskopen und anderen optischen Geräten ermöglichen präzisere Eingriffe, doch für diesen Bereich der Chirurgie werden auch besonders hochwertige Instrumente benötigt.
Um diese Qualität wirklich liefern zu können, verwendet unser CEO Herr Takayama hochfunktionale und stabile Bearbeitungszentren aus Europa. Die BUMOTEC-Maschinen eignen sich für die verschiedensten vollautomatisierten Verfahren, vom Schneiden bis hin zum Fräsen. Es dauerte jedoch eine Weile, bis wir so weit waren.
Grundlage der uns vorliegenden Muster. Anschließend entwickelte ich mithilfe dieser Zeichnungen Programme für die Maschinen. Ich beobachtete die Maschinen und entwarf Programme für alle Muster, die ich mir vorstellen konnte. Am Ende hatte ich mehr als 100 Programme. Wenn ich die Programme laufen ließ, kollidierten einige der Instrumente jedoch. Daher bat ich den Hersteller, die nötigen Anpassungen vorzunehmen. Unsere hervorragende Arbeitsbeziehung mit BUMOTEC ermöglichte uns die Umsetzung der erforderlichen Modifikationen, sodass unsere Maschinen heute fast vollständig speziell für unser Unternehmen angepasst sind.“
Unser Partner arbeitete unermüdlich an den Anpassungen und an der Leistungsoptimierung und setze dazu ein breites Spektrum an Verbesserungen um. Während des laufenden Betriebs war die gewünschte Präzision nur schwer zu erreichen, da Titanlegierungen und ähnliche Werkstoffe so schwer zu schneiden sind, dass die Werkstücke in den Spannfuttern verrutschten. Um hier Abhilfe zu schaffen, erstellte man eigene Programme für die verschiedenen Komponenten, verwendete Spezialgeräte und entwickelte Spezialschmiermittel.
Takayama Instrument hat ein breites Spektrum hauseigener Herstellungsverfahren entwickelt, erhielt die Zertifizierung nach ISO 13485 und bestand die Prüfung durch die United States Food and Drug Administration (FDA). „Die Anforderungen der Norm ISO 13485 sind äußerst komplex, und die Einhaltung der Vorgaben war aufgrund unserer hauseigenen Prozesse eine große Herausforderung. Um bessere Herangehensweisen zur Normerfüllung zu entwickeln, wandten wir uns an einen Experten. So konnten wir die erforderlichen Maßnahmen auf eine Art und Weise umsetzen, die für unsere etablierten Systeme am besten geeignet war. Auf diese Weise passten wir unsere Abläufe so an, dass alle Regulierungsvorgaben erfüllt wurden und wir die Abschlussinspektion problemlos bestanden.
Bei der Anpassung von Prozessen ist die Produktionsqualität jedoch nicht das einzige Kriterium. Ein aktuelles Projekt wird in Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Medizin- und Technikbranche durchgeführt, und für Herrn Takayama hat Sicherheit die höchste Priorität. Dies ist ein sehr detailreicher Prozess, der äußerste Sorgfalt erfordert. Beispielsweise berücksichtigt Herr Takayama das potenzielle Risiko, wenn eine Komponente nicht vollständig sterilisiert werden kann oder wenn aufgrund der Kombination verschiedener Werkstoffe Korrosion auftritt.
„Was geschieht, wenn ein Instrument während eines Eingriffs bricht? Was geschieht, wenn der Chirurg eine Schraube fallen lässt, weil sie zu glatt ist? Man kann nie genug Risikomanagement betreiben, und wir nutzen das gesamte Knowhow aus unserer mehr als 100-jährigen Geschichte, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu schaffen. Wichtig ist, dass wir immer vor allem an die Sicherheit denken, da unsere Produkte für das Leben von Menschen eine große Rolle spielen.
Herr Takayama ist überzeugt: Bei der Werkzeugherstellung gibt es immer etwas, das man noch besser machen kann. „Die Stärke von Takayama Instrument in der Herstellung ruht auf einem starken handwerklichen Fundament. Wir haben diese Stärke konsequent gefördert, um mithilfe automatisierter Bearbeitung maximale Wertschöpfung für die Produkte zu gewährleisten. Auch schwer zu bearbeitende Titanlegierungen sind kein Problem für uns. Wir nehmen die Herausforderung an, Spezialkomponenten mithilfe einzigartiger Verfahren zu bearbeiten. In bestimmten Fällen lassen sich mit einem Schaftfräser für Kunststoffe bessere Ergebnisse erzielen, als mit einem für Titanlegierungen – da die Zerspankraft dieser Werkstoffe sehr schwer ist. Eine Implantation muss ein minimalinvasives Verfahren sein, daher müssen alle Ecken und Kanten abgerundet sein. Bei derartigen Bearbeitungsverfahren müssen die Werkzeuge auch bei hoher Drehzahl noch präzise schneiden. Angesichts dieses breiten Spektrums an Bedingungen wünschen wir uns Vor- und Ratschläge von Werkzeugherstellern im Hinblick auf die optimalen Bedingungen und die Kapazitätsmaximierung.
Werksleiter Masaki Nakamura erklärt: „Mitsubishi Materials entwickelt Produkte für die Medizinsparte sowie Werkzeugtechnologien für Drehautomaten. Besonders interessiere ich mich für Produkte und Knowhow über schwer zerspanbare Werkstoffe. Die Schaftfräserbaureihe Smart Miracle für schwer zerspanbare Werkstoffe und feingeschliffene Dreh-WSP für Titanlegierungen kommen unseren Anforderungen sehr nahe. Wir würden sie gerne testen.“
Direktor Takayama hat uns mitgeteilt, was er sich von Mitsubishi Materials erwartet: „Wir haben zwar viele Ideen und entwerfen Instrumente für spezielle Anforderungen, doch die Werkzeughersteller sehen vielleicht noch keinen entscheidenden Vorteil darin, Produkte für unsere kleineren Produktionsserien zu entwickeln. Ich bin überzeugt, dass partnerschaftliche Beziehungen zwischen den Maschinen- und Zerspanungswerkzeugherstellern immer wichtiger werden. Mitsubishi Materials erzielt beeindruckende Erfolge im Bereich der Produktentwicklung, und wir möchten die Qualität unserer Produkte steigern. Hierbei können uns das Knowhow und die Technologien von Zerspanungswerkzeug-Experten wie Mitsubishi Materials eine große Hilfe sein.
Unsere Vision hat sich nicht verändert. Wir möchten auch in Zukunft immer neue Instrumente entwickeln, die den Chirurgen das sichere Operieren erleichtern. Wenn wir Eingriffe schneller durchführen können, profitieren davon die Patienten. Dies ist der Geist, von dem wir uns bei der Produktentwicklung und der Optimierung von Herstellungsprozessen leiten lassen. Und die in diesem Geist entwickelten Produkte retten Leben – überall auf der Welt.