FOCUS on PERFORMANCE vol.7

Suzuki Precion Co., Ltd.

Suzuki Precion Co., Ltd.

(Kanuma City, Präfektur Tochigi)

Die ultrapräzise Bearbeitungstechnologie aus Japan für Bohrungen mit Durchmesser kleiner als der eines Menschenhaares. Die Entwicklung von hauseigenen Hochdrehzahl-Rotationswerkzeugen für Drehautomaten.

Zwei Krisen stärkten die Kompetenz der Geschäftsleitung

Auf einem weitläufigen Gelände am Ufer des Flusses Oashi in Kanuma City in der Präfektur Tochigi stehen zwei Gebäude. Das im Jahr 1991 errichtete Werk ging aus einem Kleinbetrieb hervor, der vor mehr als einem Jahrhundert von Etsuro Suzuki, dem Großvater des heutigen Präsidenten Takuya Suzuki, aufgebaut wurde. 

Etsuro hatte eine Passion für das Herstellen von Dingen. Daher gründete er gemeinsam mit Freunden eine Firma, um Applikationen und Dekor für Schuhe zu produzieren. Später verlagerte das Unternehmen seinen Schwerpunkt auf die Bearbeitung allgemeiner Komponenten. Nach ihrer Gründung im Jahr 1971 nahm die Firma Suzuki Precion Ltd. die maschinelle Bearbeitung von Metallen auf.

Das Unternehmen hatte schon bald zehn Mitarbeiter und erweiterte seine Ausstattung um NC-Drehmaschinen. Vizepräsident Isao Suzuki sagt im Rückblick auf diese Zeit: „Der Präsident aus der 2. Generation, mein älterer Bruder Yosuke Suzuki, begeistert sich für Sondermaschinen und hat deshalb viele derartige Anlagen realisiert. Anfangs bediente er die NC-Drehmaschinen, die damals noch mithilfe von Lochkarten programmiert wurden, noch selbst.“

Präsident Yosuke Suzuki machte eine für ihn unvergessliche Erfahrung. Während eines Besuchs im Büro eines Kunden trug er Arbeitsschuhe, an denen man noch das Öl aus der Fabrikhalle sehen konnte. Der Kunde sagte daher in ungehaltenem Ton: „Kommen Sie bitte nicht mit schmutzigen Schuhen in mein Büro!“ Nach dieser Erfahrung wurde Präsident Suzuki die Wichtigkeit dreier Faktoren bewusst: Organisation, Ordnung und Sauberkeit. Ab diesem Zeitpunkt achtete er noch nachhaltiger auf Sauberkeit in seiner Fabrik. 

Im Jahr 1991 zog das Unternehmen an seinen derzeitigen Standort. 1992 wurde die Firma nach einer Änderung der Organisationsstruktur in Suzuki Precion Co., Ltd. umbenannt. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt platzte leider die japanische Wirtschaftsblase und das Unternehmen erlebte seine erste Krise, da viele Aufträge wegbrachen. Präsident Suzuki spürte die Gefahr der Situation. Er stellte Führungskräfte ein, um das Vertriebsteam des Unternehmens zu verstärken, und der Kundenbestand begann zu wachsen. 

Isao Suzuki, Executive Vice-President, Suzuki Precion Co., Ltd.

In dieser Zeit arbeitete das Unternehmen auch an der Verbesserung der Arbeitsumgebung für seine Mitarbeiter. Parallel zur Verbesserung ihrer geschäftlichen Situation begann die Firma mit der Bearbeitung von Dentalimplantaten und sammelte dabei erste Erfahrungen in der maschinellen Bearbeitung von Titanwerkstoffen. Das Unternehmen erzielte seinen Umsatz damals insbesondere mit Wellen und PC-Komponenten. Die Stückzahlen lagen bei mehreren Millionen Einheiten pro Monat. Als Präsident Suzuki jedoch südostasiatische Länder wie Thailand besuchte, erkannte er schockiert, dass dortige Werke dieselben Teile rund um die Uhr herstellten. Es wurde ihm schnell klar, dass die Fertigung für die Suzuki-Precion-Komponenten nicht auf ewig in Japan bleiben konnten, sondern an Standorte mit geringeren Arbeitskosten verlagert werden mussten. Doch während er noch über die Möglichkeiten zur Neuausrichtung der Unternehmensstrategie nachdachte, erhielt er eine Nachricht, die den Fortbestand seines Unternehmens gefährdete: Im Jahr 2001 musste der größte Partner des Unternehmens, der bis dahin ca. 30% des Vertriebsumsatzes generiert hatte, Insolvenz anmelden. Dies war die zweite große Krise der Firma Suzuki Precion. Im Rückblick auf diese Ereignisse sagt der Vizepräsident heute: „Unsere Zulieferer reagierten sofort und teilten uns mit, dass sie Werkstoffe und Geräte nur noch gegen Barzahlung liefern würden. Unsere größte Bank drängte uns, zu prüfen, ob wir unsere Kredite zurückzahlen könnten. Ich dachte damals, wir wären am Ende.“

Eine positive Einstellung führt zu technischer Überlegenheit

Jun Hanawa, Executive Operation Officer, Suzuki Precion Co., Ltd.

Nach dem Bankrott ihres größten Kunden entschloss sich die Firma Suzuki Precion zu einer tiefgreifenden Änderung ihrer Management-Strategie. Sie verlagerte die Zielproduktion in den Bereich Medizintechnik und stieg hinsichtlich der Herstellungsverfahren von der Massenproduktion kleinerer Komponenten auf kleinere Chargen größerer Komponenten um. Zudem nahm sie verstärkt Aufträge an, die hohe Ingenieurskompetenz erforderten. 

Jun Hanawa, kam damals zum Vertriebspersonal des Unternehmens und erinnert sich: „Präsident Suzuki sagte uns, wir sollten uns zuerst um die Aufträge kümmern und dann sicherstellen, dass sie bestmöglich erfüllt werden. Er schärfte uns ein, Selbstvertrauen zu haben und positiv zu denken.“ Diese positive Einstellung erhöhte auch die technische Stärke des Unternehmens erheblich. Man konzentrierte sich darauf, technisch anspruchsvolle Aufträge abzuschließen und auf die Entwicklung von Verfahren, um diese Anforderungen zu erfüllen. Es wurde auch eine Datenbank eingerichtet, damit man Informationen mit anderen Mitarbeitern teilen konnte. Außerdem wuchs mit der bei der Bearbeitung der Dentalimplantate gesammelten Erfahrung die technische Kompetenz des Unternehmens nachhaltig.

Im Rahmen der Herstellung extrem kleiner Komponenten unter Einhaltung strikter Dimensionstoleranzen optimierte die Firma ihre Bearbeitungsverfahren. Ein Beispiel für eine derartige Verbesserung ist unsere Fähigkeit zur Herstellung von Bohrungen mit Durchmessern von nur 0,03 mm in einer Platte aus rostfreiem Stahl. 

„Das richtige Abstimmen der Bedingungen ist der Schlüssel zu hochwertiger Verarbeitung. Insbesondere beim Zerspanen von Dentalimplantaten aus Titan lässt sich die Produktionseffizienz durch bessere Bearbeitungsfunktionen entscheidend optimieren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass schnell zerspant werden sollte: Häufig ist es unumgänglich, für den Zerspanungsvorgang pro Werkstück 20 bis 30 Minuten Zeit aufzuwenden. Wir stellen rund um die Uhr große Produktionschargen her und optimieren unsere Abläufe unter Berücksichtigung der Standzeit unserer Zerspanungswerkzeuge. Möglich wird dies durch unser einzigartiges Knowhow in der Zerspanung anspruchsvoller Werkstoffe. 

Von links)Yuzo Morita, Sales Department Suzuki Precion Co., Ltd. / Kazuhiro Ugajin, IB-SPINDLE Chief CNC 4 × Mechanical RPM Multiplier Spindle

Neue Konzepte für schwierige Aufgaben in der Herstellung medizinischer Produkte

Während das Unternehmen seinen Schwerpunkt immer weiter auf die Herstellung medizintechnischer Produkte verlagerte, erhielt es im Jahr 2006 durch seine Kunden Einblick in die Revision des Pharmaceutical Affairs Act (ein japanisches Gesetz zur Regulierung der Herstellung, des Imports und des Verkaufs von Medikamenten, heute Pharmaceutical and Medical Device Act). Die Firma erwarb eine Lizenz als Medizintechnikhersteller nach dem neuen Gesetz , das strengere Auflagen für die Herstellung medizintechnischer Geräte beinhaltet. Im Jahr 2007 erhielt das Unternehmen auch seine Zertifizierungen nach ISO 9001 und ISO 13485. Die ISO-Norm 13485 regelt die Herstellung von Medizintechnik sowie die entsprechenden Qualitätsmanagementsysteme. „Der Erhalt dieser Zertifizierungen brachte für uns einen großen Unterschied“, erklärt Yuzo Morita aus der Vertriebsabteilung. Er fügt hinzu: „Die Norm ISO 13485 spielt eine entscheidende Rolle für die Hersteller von Medizintechnik. Nur wenige unserer Mitbewerber besaßen diese Zertifizierung, das gab uns einen großen Vorteil.“

Im Jahr 2009 war Suzuki Precion einer der Aussteller auf der Medtec Japan, einer der größten Messen für die Hersteller und Entwickler von Medizintechnik. „Jede der auf der Ausstellung vertretenen Firmen hatte sehr viel mehr Mitarbeiter als wir. Doch wir hatten eine Lizenz zur Herstellung von Medizintechnik, und die Zertifizierung nach ISO 13485 brachte uns enormes Interesse an unserem Unternehmen. Als wir mehr und mehr Anfragen von den Kunden erhielten, sahen wir, dass sich die Mühe gelohnt hatte“, erklärt Jun Hanawa. Herr Kazuhiro Ugajin fügt hinzu: „Dentalimplantate sind extrem klein. Man benötigt viel technische Know How, um Unregelmäßigkeiten zu vermeiden und hohe Maßhaltigkeit zu gewährleisten. Bei biologischen Implantaten gibt es dagegen verschiedene Größen, und das war ein Problem für uns.“

Im Jahr 2010 nahm das Unternehmen erstmals an einer Medizintechnik-Fachmesse in Deutschland teil. 2012 folgte die Teilnahme an der MD & M West, der weltweit größten Ausstellung für medizinische Produkte, Komponenten und Werkstoffe in den Vereinigten Staaten. Die Firma stellte außerdem im japanischen Pavillon aus, der von JETRO gesponsert worden war, und hatte das Glück, dass ihr jemand zu einem bedeutenden geschäftlichen Durchbruch verhalf. 

„Einer unserer Entwicklungsmitarbeiter hatte einen Freund, der in den Vereinigten Staaten lebte und unseren Stand besuchte“, erläutert Herr Hanawa. Als er die von uns hergestellten Komponenten sah (von denen einige nicht größer sind, als ein Reiskorn), war er äußerst beeindruckt von unseren technischen Fähigkeiten und erzählte auch anderen Messebesuchern von unseren Produkten. Er machte unter anderem einen Ingenieur auf uns aufmerksam, der bei einem der weltweit führenden Medizintechnikhersteller beschäftigt war. Dies führte zu Geschäftsverhandlungen, zu Aufträgen und zu einer Kundenbeziehung, die bis heute besteht.“

2012 brachte ein Wendepunkt für das Unternehmen. Suzuki Precion wurde mit dem Nippon Brand Award ausgezeichnet, und zwar für die IB-SPINDLE, eine hochpräzise 4×RPM-Schnellläuferspindel mit extrem genauer Bearbeitungstechnologie, die das Unternehmen für CNC-Drehautomaten entwickelt hatte.

Neue Konzepte für schwierige Aufgaben in der Herstellung medizinischer Produkte

Auf dem Weg zum OEM: die Entwicklung unverwechselbarer Markenprodukte

Die Entwicklung der IB-SPINDLE begann mit dem Traum unseres früheren Präsidenten, dass das Unternehmen eigene Produkte entwickeln solle. Suzuki Precion produzierte zunächst Spindeln mit 50.000 bis 60.000 U/min für Bearbeitungszentren und Drehautomaten.

Man machte jedoch den Fehler, nicht gezielt an bestimmte Kunden zu denken. Deshalb sanken die Verkaufszahlen. Beim Versuch, dies zu korrigieren, änderte man den Ansatz. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Drehautomaten nur mit einer Drehzahl von 5000 bis 6000 U/min rotieren, lässt sich die Produktionseffizienz pro Stunde steigern, wenn man Spindeln mit einer höheren Drehzahl entwickelt. Dies wäre sowohl für unser Unternehmen als auch für die Hersteller von Vorteil. Dies war die Geburtsstunde der IB-SPINDLE. Die IB-SPINDLE verfügt über ein ultrapräzises Planetengetriebe, welches die Geschwindigkeit des CNC-Drehautomaten um das Vierfache erhöht. „Diese Spindeleinheit kann die Drehzahl steigern und wurde eigens entwickelt, um mehr Präzision und Kosteneffizienz bei der Verarbeitung von Komponenten für medizinische Geräte zu gewährleisten. Wir hatten erkannt, das dies den Bedürfnissen des Marktes entsprach“, so Herr Ugajin. 

Die IB-SPINDLE benötigt keine Steuerung und keine Anschlüsse. Um sie anstelle einer bestehenden Komponente einzusetzen, benötigt man lediglich einen Schraubenschlüssel. Eine IB-SPINDLE kann die Drehzahl um das Vierfache erhöhen und benötigt dazu nicht mehr Energie, als herkömmliche Rotationswerkzeuge. Darüber hinaus reduziert sie die Abdrängung des Bohrers von Mikrolöchern und bei Schaftfräsern um bis zu 3 μm. 

Derzeit liefern wir die IB-SPINDLE als optionale Komponente im Rahmen des OEM-Zulieferersystems an die Hersteller von Drehautomaten des Peterman-Typs und an Werkzeughersteller im In- und Ausland. Ab 2013 begann der uneingeschränkte Vertrieb, der im Jahr 2013 ein Volumen von 92 Artikeln erreichte und dann bis zum Jahr 2017 noch einmal um etwa das Siebenfache anwuchs. „Aktuell macht die IB-SPINDLE ca. 25 % unseres gesamten Unternehmensumsatzes aus“, erklärt Herr Morita.
 

Die Verlagerung von Unternehmensaktivitäten in Zielmärkte außerhalb des Bearbeitungsbereichs

Der Umsatz der Firma Suzuki Precion setzt sich wie folgt zusammen: Medizintechnik (ca. 50 %), IB-SPINDLES (ca. 25%) sowie Halbleiterherstellungsanlagen und Automobilkomponenten (ca. 25%). Das Unter-nehmen plant jedoch, sich künftig stärker auf die Medizintechnik und die IB-SPINDLES zu konzentrieren, als auf die Hochpräzisions-Bearbeitungsverfahren.

Herr Hanawa erklärt: „In der Herstellung kommt es nicht nur auf Be-arbeitungstechnologien an. Wir integrieren andere Technologieelemente aus dem Entwicklungs- und Konstruktionsstadium, um den Bedarf unserer Kunden optimal zu erfüllen. Wir möchten ein Medizintechnik-Hersteller sein, der Lösungen aus einer Hand anbietet, einschließlich Support, Inspektion, Reinigung, Sterilisierung und Verpacken. Hierzu haben wir einen Reinraum der Kategorie 10,000/ISO14644-1 Class 7 eingerichtet. Wir arbeiten besonders an der Verringerung der Arbeitsbelastung und haben deshalb auch ein Mehrkomponentensystem und den Rund-um-die-Uhr-Betrieb eingeführt. Wir möchten ein breites Spektrum an neuen Ideen liefern und fördern deshalb ein Unternehmensklima, in dem sich die Mitarbeiter frei entfalten können.“

Um seine Angebotspalette zu erweitern, ist Suzuki Precion der Organisation REG Partners beigetreten, die kleine und mittlere Unternehmen aus den verschiedensten Herstellungsbereichen vertritt. Jedes Unternehmen in der von Tanaka Medical Instruments Co., Ltd., etablierten Partnerschaft hat seine eigene Technologie für die Entwicklung von Wirbelsäulenimplantaten in der Orthopädie erarbeitet. Durch unsere Vermarktung von Medizintechnologie der Klasse II ist der Markt auf uns aufmerksam geworden. Nachdem wir sichergestellt hatten, dass hierdurch keine früheren Patente verletzt werden, wurde das von der Firma KiSCO Co.Ltd. vertriebene RENG Spinal System gemäß einer Vereinbarung mit Partnerunternehmen vermarktet. Relevante Faktoren waren die Gewinnmaximierung und die Aufteilung von Profiten entsprechend dem Beitrag jedes beteiligten Unternehmens. Dieser einzigartige Entwicklungsansatz zahlte sich außerdem aus, als REG Partners den 6. Medtec Innovation Award erhielt. 

Suzuki Precion übergab zudem einem vietnamesischen Praktikanten, der in Japan Berufserfahrung gesammelt hatte, die Verantwortung für den Vertrieb der IB-SPINDLE in den Übersee-Märkten und schickte ihn zur METALEX-Messe in Thailand. Das Unternehmen betrachtet Vietnam als seine zweitwichtigste Basis in Übersee, nach den Vereinigten Staaten. 

Kürzlich wurde auf der Medtec Japan 2017 die MIT Force 3 mm vorgestellt, eine Nadel für laparoskopische Eingriffe. Trotz ihres extrem dünnen Schaftes ist sie stabil genug, um Abdrängung zu minimieren und die gestiegenen Anforderungen hinsichtlich der Minimalinvasivität im Bereich der Chirurgie zu erfüllen. Die Firma Suzuki Precion änderte ihre Unternehmensstrategie und fuhr die Herstellung von Medizintechnologie zurück, zugunsten der Ausweitung des Vertriebs selbstentwickelter Produkte. Dies soll die Wettbewerbsfähigkeit durch optimale Nutzung ihrer Erfahrung mit Ultrapräzisions-Bearbeitungsverfahren stärken. Diese Verlagerung ist ein Beispiel für Neuausrichtung, die für die gesamte Bearbeitungsindustrie empfehlenswert wäre. 

Die Verlagerung von Unternehmensaktivitäten in Zielmärkte außerhalb des Bearbeitungsbereichs