TECHNOLOGY ARCHIVE vol.6

Geschichte der Drallräumnadeln mit großem Durchmesser, die in der Fahrzeugautomatisierung eine große Rolle spielen

Geschichte der Drallräumnadeln mit großem Durchmesser, die in der Fahrzeugautomatisierung eine große Rolle spielen

Groß-Bearbeitungswerkzeuge für die Automobilindustrie

Planetenzahnräder sind ein Hauptbauteil von Automatikgetrieben (AT). Die Umstellung von handgeschalteten auf automatische Getriebe erforderte Verbesserungen bei der Herstellung dieser wichtigen Zahnräder. Drallräumnadeln mit großem Durchmesser wurden entwickelt, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Die Drallräumnadel ermöglicht die konsistente maschinelle Bearbeitung, die während des gesamten Prozesses, vom Schruppen bis zum Schlichten, gewährleistet sein muss. Wir sprachen mit Mitarbeitern der Abteilung Gear Cutting Tools Manufacturing (Herstellung Zahnradzerspanungswerkzeuge) über die Entwicklungsgeschichte der Räumnadel und auch über innovative Produkte, durch deren Entwicklung sie die globalen Mitbewerber auf die Plätze verweisen konnten. 

NAHAUFNAHME

Was ist Räumen?

Räumen ist ein Bearbeitungsver-fahren zur Schaffung spezieller Formen auf der Innenfläche einer zylindrischen Bohrung. Gemeint sind Formen wie Verzahnungen oder Profilnuten. Die Schneide einer Räumnadel ähnelt der Rundbohrung im Werkstoff. Die Zähne sind zum Zentrum hin allmählich ausgeformt. Wurde die Räumnadel mit gesamter Länge eingesetzt, ist die endgültige Kontur erstellt. Der gesamte Formgebungsprozess eines Zahnrades, vom Schruppen bis zum Schlichten, findet also in einem einzigen Ablauf statt.

Die Schaffung der optimalen Schnittdaten für den einzelnen Prozess, die erforderlich sind, um die hochpräzisen Zahnräder für Automatikgetriebe herzustellen (Schruppen, Vorschlichten und Schlichten), also alle drei Schritte in einem Ablauf, steigert die Produktivität erheblich. 

Das Räumen ermöglicht die Fertigung hochpräziser Verzahnungsprofile

Räumnadeln mit vielen Zähnen, deren Form sich allmählich von einem Schruppprofil zu einem Schlichtprofil ändert, haben folgende Vorteile:
• Die unkomplizierte Einsatzweise, nämlich das Hindurchziehen der Räumnadel durch ein Werkstück auf einer Räummaschine, verkürzt die Bearbeitungszeit. 
• Die Schärfe der Räumnadel und die Präzision der Schneide werden direkt auf das Werkstück übertragen. Je höher die Räumleistung ist, desto höher sind die Oberflächenqualität und Maßhaltigkeit des fertigen Erzeugnisses.
• Es ist möglich, komplexe Formen, wie zum Beispiel schrägverzahnte Zahnräder, herzustellen..
• Da die Schnittmenge pro Schneide und die Gesamtschnittmenge vorab bei der Konstruktion der Räumnadel festgelegt werden können, müssen Bediener keine besonderen Fachkenntnisse besitzen, um die Räumnadel durch ein Werkstück ziehen zu können.
• Da der Druck, der beim Schneidvorgang entsteht, mithilft, das Werkstück einzuspannen, sind zum Einspannen keine Spezialspannvorrichtungen erforderlich. 

Teil 1 1962~

Das Werk Akashi nimmt den Betrieb auf

Nach 1955 schuf das schnelle Wachstum der japanischen Fertigungsindustrie höhere Nachfrage nach Zerspanungswerkzeugen. Um diese Nachfrage zu erfüllen, eröffnete Mitsubishi Materials im Jahr 1962 sein Werk in Akashi. Dieses Werk verfügt über viele hochmoderne Anlagen für bestimmte Prozesse wie Schleifen und Härten. Es verfügt ebenfalls über die Prüfeinrichtungen zur Ergänzung der Herstellung verschiedener Zer-spanungswerkzeuge, darunter Bohrer, Schaftfräser, Reibahlen und Räum-nadeln. Insbesondere von Räumnadeln werden erhebliche Vorteile für die Kunden erwartet, weil sie Zahnräder effizient und mit hoher Genauigkeit bearbeiten können. Deshalb begann Mitsubishi Materials schon frühzeitig mit der Entwicklung von Räumnadeln.

Teil 1 1962~

Teil 2 1990~

Durch die steigende Nachfrage nach Automatikgetrieben stieg der Bedarf für den Einsatz des Räumverfahrens

Mit der zunehmenden Verbreitung von Automatikgetrieben in den 1990er Jahren musste die Herstellungseffizienz von Planetenzahnrädern mit relativ großem Durchmesser verbessert werden. Vor der Entwicklung von Räumnadeln wurden Zähne mit Zahnfräsern hergestellt. Bei diesem Prozess sind drei Abläufe erforderlich: Schruppen, Vorschlichten und Schlichten. Das dauerte pro Zahnrad ca. zwei bis drei Minuten. Beim Räumen dauert die Bearbeitung eines Zahnrads 30 Sekunden oder weniger. Die Produktivität stieg dadurch auf das Vier- bis Sechsfache. Außerdem ist Räumen viel präziser als das Fräsen, und alles geschieht in nur einem Arbeitsgang, wenn die Räumnadel auf der Räummaschine durch ein Werkstück gezogen wird.

Um diese Vorteile in vollem Umfang nutzen zu können, begann Mitsubishi Materials mit der Entwicklung einer Drallräumnadel mit großem Durchmesser. Diese stellt ein moderneres Modell der normalen Längsnuträumnadel dar. Der erste Prototyp bestand aus einer Baugruppe aus Schruppteil (Hauptteil) mit einem Schneidblatt für den Außenumfang und einem Schlichtteil (Hülse), also einem Schneidenteil mit dicken Zähnen. Aufgrund der Größe stand zu jenem Zeitpunkt kein ausreichend großes Präzisionsmesszeug zur Verfügung. Der Prototyp musste also in Hauptteil und Hülse getrennt werden. Die Form des Räumendes wird direkt auf das Werkstück übertragen. Die erforderliche Präzision ließ sich mit der zweiteiligen Räumnadel nur mit Schwierigkeiten erzielen. Die Hersteller von Automatikgetrieben erhielten mehrere Prototypen; die meisten wurden jedoch wegen mangelnder Präzision zurückgegeben. Bei der zweiteiligen Räumnadel beeinflusst die Leistung des Blattes in der Hülse die Präzision der Zähne des Zahnrads. Dies erforderte Korrekturen im Mikrometerbereich an der Blattform in der Hülse. Mitsubishi begann, durch zahlreiche Versuche das Blatt zu verbessern. Im Jahr 1995 konnte schließlich gleichbleibende Präzision gewährleistet werden.

Part 3 : 2000~

Die Entwicklung einer innovativen Messvorrichtung trug ihren Teil zur ersten einteiligen Räumnadel der Welt bei

Mitsubishi Materials nahm die Massenproduktion mehrteiliger Räum-nadeln in den 1990er Jahren auf und begann gleichzeitig mit der Entwicklung eines neuen Räumnadeltyps. Die Arbeit an der Entwicklung einer einteiligen Räumnadel, bei der Hauptteil und Hülse in einem Bauteil integriert waren, begann. Da keine Messvorrichtung zur Messung der Präzision der Zähne einer einteiligen Räumnadel existierte, war es unmöglich, die Zähne hochpräzise zu schleifen. Die Räumnadel mit großem Durchmesser, die zur Herstellung der Planetenzahnräder für Automatikgetriebe zum Einsatz kam, hatte einen Außendurchmesser von ø100 bis 180 und eine Gesamtlänge von 1500 bis 2000 mm. Dazu wurde die Anpassung eines mehrteiligen Räumnadeltyps mit separatem Hülsenteil erforderlich, dessen Zähne hochpräzise sein mussten. Aufgrund der geringeren Größe war die Präzisionsmessung nun mit einer Zahnradmessvorrichtung realisierbar. Zur Präzisionsmessung einer großen einteiligen Räumnadel war jedoch die Entwicklung einer neuen Messvorrichtung erforderlich. Einem Ingenieur von Mitsubishi Materials gelang es, eine innovative Onboard-Messvorrichtung für die Zahnform zu entwerfen. Dies war weltweit der erste Versuch, und die Leistung von Mitsubishi Materials wurde mit dem Encouragement Prize der Japan Society of Mechanical Engineering gewürdigt. Der Ingenieur erhielt seinen Doktortitel für Ingenieurswesen an der Graduate School of Engineering an der Universität von Osaka. Eine Zusammenfassung seiner Studie lautet folgendermaßen: „Der präzise Schliff der Form der Zähne für Stirnräder und Schrägstirnräder erfordert die Messung von Fehlschliffen durch die Bildung von Schleifstein und Zähnen, die Analyse der Daten, die Einführung eines automatischen Fehlerkorrekturprogramms sowie die sofortige Rückmeldung an die Schleifmaschine. Durch die Kombination dieser Systeme kann die erforderliche Präzision beim Zahnradschliff gewährleistet werden.“

Die Verwendung dieser neuen Onboard-Messvorrichtung für die Zahnform an der CNC-Schleifmaschine machte es möglich, dass die Zahnform einteiliger Räumnadeln mit hoher Präzision geschliffen werden konnte. Dies führte zur erfolgreichen Entwicklung der ersten Drallräumnadel der Welt mit großem Durchmesser. Die einteilige Drallräumnadel kann die Herstellungskosten durch die kombinierte Herstellung von Körper und Hülse in einem Schritt reduzieren und ermöglicht hochpräzise Zahnradbearbeitung. Außerdem kann die Schnittlast an jedem Blatt optimiert werden. Dadurch sinkt der Abrieb der gesamten Räumnadel, und die Werkzeugstandzeit steigt. Der Zeitraum bis zum erforderlichen Nachschliff wird verlängert. Des Weiteren fällt bei einer einteiligen Räumnadel keine Arbeitszeit für die Demontage, erneute Montage und Phaseneinstellung der Hülse für ein eventuelles Nachschleifen wie bei mehrteiligen Räumnadeln mehr an. Dies senkt die Kosten nochmals. Unsere Kunden nahmen diese Vorzüge erfreut zur Kenntnis. Die Tatsache, dass weniger Arbeitsaufwand für den Nachschliff anfällt, findet besonders bei den Herstellern von Automatikgetrieben in Übersee große Beachtung. 

Teil 4 2010~

Neue Ziele setzen

Mitsubishi Materials trieb zwar die Entwicklung der einteiligen Räumnadel voran, arbeitete aber gleichzeitig an der Verbesserung der mehrteiligen Räumnadel. Zu den Nutentypen gehören eine Ringnut (rechtwinklig zur Achse) und ein Spiraltyp (schrägverzahnt). Die Ringnut führt zu einer erheblichen Änderung der Schnittlast im Vergleich zu dem Spiraltyp. Dies verkürzt die Werkzeugstandzeit. Der Spiraltyp führt zu weniger Änderungen bei der Schnittbelastung. Dadurch steigen die Präzision der Zahnform und die Werkzeugstandzeit. Er macht jedoch Spezialanlagen für den Nachschliff erforderlich.

Man unterscheidet drei Typen mehr-teiliger Räumnadeln. Die erste ist eine Kombination von Hauptkörper und Hülse rechtwinklig zur Achse. Die zweite ist eine Kombination des Hauptkörpers rechtwinklig zur Achse, während die Hülse schrägverzahnt ist. Die dritte ist eine Kombination von Hauptkörper und Hülse, bei der beide schrägverzahnt sind. Die Anzahl der Nuten variiert ebenfalls. Die Zähne am Hauptkörper werden beispielsweise von vier auf sechs reduziert, die auf der Hülse von acht auf zehn gesteigert. Dies erhöht die Schärfe. 

Die einteilige Räumnadel hat auch dieselben drei Zahntypen. Derzeit befindet sich eine einteilige Räumnadel in der Entwicklung, deren Zähne an Hauptkörper und Hülse austauschbar sind. Die Herstellung von Hochpräzisions-Räumnadeln erfordert die strikte Kontrolle der Temperatur während des Schleifvorgangs. Da der Schliff geraume Zeit dauert, muss die Temperatur innerhalb enger Grenzen gehalten werden, damit sich die Schleifmaschine nicht ausdehnt oder zusammenzieht, denn dies führt zu Abweichungen, welche die Genauigkeit der Steigung am Endprodukt beeinflussen. Mitsubishi Materials erforscht ständig neue Wege zur weiteren Verbesserung der Qualität von Hochpräzisions-Räumnadeln bei gleichzeitiger Reduzierung selbst ge-ringster Temperaturschwankungen. 

Rückblick auf die Geschichte der Drallräumnadeln

Nishikawa: Die Abteilung Gear Cutting Tools Manufacturing, die Räumnadeln herstellt, steht in engem Kontakt mit unseren Kunden. Da die Zerspanungswerkzeuge für den Einsatz durch unsere Kunden hergestellt werden, sind ihre Rückmeldungen über den Einsatz und eventuelle Probleme für uns sehr wichtig. Manchmal kommen die Kunden mit Beschwerden, die wir sehr ernst nehmen. Neben der Lösung von Problemen ist aber auch die Entwicklung von Werkzeugen, die noch nützlicher für den Kunden sind, wichtig. Der wiederholte Durchlauf dieses Zyklus hat das Fundament für unser Wachstum gelegt. 

Kohno: Theorie und Praxis sind bei der Herstellung von Präzisionswerkzeugen nicht identisch. Dies ist vielleicht der interessanteste Aspekt bei der Herstellung von Räumnadeln. Wir haben Drallräumnadeln mit großen Durchmessern entwickelt, manche über zwei Meter lang. Selbst der kleinste Unterschied an den Zähnen einer Räumnadel wirkt sich stark auf die Präzision der Zähne des Endprodukts aus. Ein sehr sanftes Honen der Schneidkanten von Hand verbessert beispielsweise manchmal die Präzision. Dies lässt sich theoretisch nicht erklären, und es kann auch nicht jedermann durchführen. Deshalb ist es wichtig, dass solche Präzisionswerkzeuge auf analoge Weise hergestellt werden. 

(Links) Mitsuo Nishikawa, General Manager, Gear Cutting Tools Manufacturing Department
(Rechts) Kensuke Kohno, Manager, Gear Cutting Tools Manufacturing Department, Development & Design Section