Für Stähle
Für rostfreie Stähle
Für Gusseisen
Für Nichteisenmetalle
Für schwer zerspanbare Materialien
Für gehärtete Materialien
Spanabfuhr ist ein Dauerthema in der Metallzerspanung. Falscher Umgang mit Spänen kann viele Probleme verursachen, wie Qualitätseinbußen der bearbeiteten Oberfläche oder Beschädigung der Schneidkante. Im Großen und Ganzen wurden Verbesserungen bis dahin immer bei Spanbrechern und Kühlmitteln gesucht. Vor 30 Jahren ging Mitsubishi Materials das Problem jedoch unter einem anderen Gesichtspunkt an. Absaugung, ähnlich der Verwendung eines Staubsaugers während des Zerspanungsvorgangs, kam zum Einsatz. 1986 wurde diese Idee in Qing-Fräser integriert. Dieses Spezialwerkzeug sollte beim Planfräsen von Zylinderblöcken für die Automobilindustrie die Späne besser abtransportieren. Späne können nicht nur die Innenfläche des Zylinderblocks beschädigen, sie müssen auch abgeführt werden. Dies trägt wesentlich zur Qualität und Effizienz der Bearbeitung bei. Deshalb kam der Vorschlag, die Späne während des Schnittvorgangs aufzunehmen. Der folgende Abschnitt erzählt die Geschichte von Mitsubishis Spanabfuhrwerkzeugen.
Der erste Qing-Fräser (Typ QSV) wurde 1986 vorgestellt. Er verwendete ein Sammelsystem, das Späne mit einer Führungsplatte anhebt und sie dann durch ein Gehäuse mit einer Auffangvorrichtung ableitet. Die Spanabfuhr erfolgte zwar stabil, aber das System erforderte Schläuche und eine Auffangvorrichtung. Das war relativ teuer. Im Hinblick auf einfacheren Einsatz wurde Anfang der 1990er Jahre ein zweiter Qing-Fräser entwickelt (Typ QWA), der ein Doppelluftsystem verwendet. Es pumpt Luft in das Gehäuse und erzeugt so einen Sog, der die Späne aufwirbelt. Dann werden die Späne mit einem Luftverstärker eingefangen. Das Verfahren funktionierte gut bei der Bearbeitung von Gusseisen und Aluminium und wurde von vielen Kunden übernommen.
Der Qing-Fräser Typ drei wurde gegen Ende der 1990er Jahre entwickelt. Dieser Typ kehrte zurück zu dem Prinzip, dass die Späne nicht aufgefangen, sondern vom Werkstück weggeführt werden. Dies erfolgte mithilfe der Zentrifugalkraft, welche die Späne automatisch zu einer Fördereinrichtung abführte. Dadurch entfiel der Bedarf für eine Auffangvorrichtung und Luft. Außerdem ermöglicht dieses Prinzip eine einfache Bauweise. Dadurch bleibt der Preis des Werkzeugs im Rahmen; und in Bearbeitungszentren sind automatische Werkzeugwechsel möglich.
Nach der Einführung dieses innovativen Produktes entwickelten viele andere Hersteller ein großes Sortiment an spanabführenden Werkzeugen und vermarkteten diese. Support und Wartung dieser Werkzeuge sind jedoch teuer. Außerdem hat sich die Zerspanung im Rahmen der Spanentwicklung weiterentwickelt. Dadurch sank die Nachfrage nach Spanabfuhrwerkzeugen. Deshalb stellten viele Werkzeughersteller die Herstellung dieser Werkzeuge ein. Mitsubishi Materials entwickelt und produziert jedoch weiterhin, um die Nachfrage bedienen zu können.
Im Jahr 2015 begann Mitsubishi Materials auf Anfrage der Toyota Auto Body Co., Ltd. mit der Entwicklung des vierten Qing-Fräsers, des Qing NEO. Der Qing NEO besteht aus Aufnahme, Lagerung, einer Kontermutter und dem Gehäuse, das den Fräser abdeckt. Die Späne werden im Bereich der Schneidkante des Werkzeugs aufgefangen und über die Basis der Aufnahme zu einer externen Auffangvorrichtung geführt. Diese Bauweise ist effektiv und führt zu einer hohen Spanabfuhrrate. An den Qing-Fräsern eins bis drei waren nur Planfräser montiert. Dadurch waren die Variationen begrenzt. Der Qing NEO kann unterschiedlichste Werkzeuge aufnehmen, darunter Planfräser, Profilfräser und Fräser für tiefes Schulterfräsen. Der Luftstrom an der Schneide des Werkzeugs stömt mit 10.000 bis 40.000 mm/s. Das genügt zum Abtransport der Späne, die zunächst in den in der Aufnahme des Werkzeugs installierten Kanal geführt und dann durch die Zentrifugalkraft, die durch den Luftstrom und die Rotation des Werkzeugs entsteht, in den Behälter geleitet werden. Derzeit wird der Qing NEO weiterentwickelt, damit er automatische Werkzeugwechsel unterstützt. Es wird auch über die Anwendung des Qing NEO zur Drehbearbeitung nachgedacht.
Horiike: Ich war an der Entwicklung des zweiten und dritten Qing-Fräsers beteiligt. Kunden hatten sich bereits nach der Entwicklung eines Qing-Fräsers zur Bearbeitung von Metallformen erkundigt. Wir hatten aber kein 3D-CAD oder die Technologie zur Analyse von Strömungsphänomenen wie dem Einsaugen von Spänen. Unsere Herstellungstechnologie war auch noch nicht fortgeschritten genug für die Entwicklung eines solchen Produkts. Die jüngsten Fortschritte in vielen Technologiebereichen ermöglichen uns nun die Konstruktion von Mechanismen, an die in der Vergangenheit nicht zu denken war. Wir hoffen, dass dieser neue Qing-Fräser bei den Kunden genauso beliebt sein wird, wie seine Vorgänger.
Sato: Die Herstellung des Qing NEO gelang, weil wir uns das Endprodukt bereits in einer frühen Konstruktionsphase vorstellen konnten. Ich sammelte Erfahrungen mit Spanabfuhrwerkzeugen und der zugehörigen Technologie, also Spanabfuhrvorrichtungen, Schläuchen und Lager, die eigentlich nichts mit der normalen Werkzeugentwicklung zu tun hatten. Für mich als Ingenieur bedeutete dies eine Erweiterung meines Horizonts. Ich möchte mich auf Kostenreduzierung konzentrieren, damit unsere Kunden zufrieden sind, ihre Fräservarianten erweitern und sie immer breiter gefächert einsetzen.
Die Toyota Auto Body Co., Ltd., mit der wir jüngst den Qing NEO entwickelten, wurde im Jahr 1945 als Hersteller von Lkw-Aufbauten innerhalb der Toyota Group gegründet. Das Geschäftsfeld wurde später auf gewerbliche Fahrzeuge, Kleinlieferwagen und SUV ausgedehnt. Durch ein konsistentes Inlands-Entwicklungs- und -Herstellungssystem waren die Produkte immer marktgerecht. Daneben engagierte sich das Unternehmen auch in der Konstruktion und Entwicklung eines breiter gefassten Produktsortiments. Dazu gehörten auch Behindertenfahrzeuge und Systeme zur Unterstützung beim Transport behinderter Personen sowie mikroelektrische Fahrzeuge, die im Bereich der persönlichen Mobilität gelten. In diesem Schwerpunktthema bitten wir Mitsumasa Okuda, Akihiro Idota und Satonori Matsumoto von Toyota Auto Body, uns die Hintergrundgeschichte der Entwicklung von Qing NEO mit Mitsubishi Materials zu erzählen.
Okuda: Der Bereich Metal Mould stellt Pressformen für Karosserieteile her. Da sie für gewerbliche Fahrzeuge, Kleinlieferwagen und SUV groß sind, fallen bei ihrer maschinellen Bearbeitung große Spanmengen an. Derzeit müssen wir zur Spanabfuhr den Bearbeitungsprozess anhalten. Dadurch geht wertvolle Produktionszeit verloren. Da die Automatisierung der Bearbeitung eine wesentliche Rolle bei der Kostenreduzierung und Produktivitätssteigerung spielt, ist Span-abfuhr ein wichtiges Thema. Wir wussten, dass es ein Werkzeug gab, das konstruktiv so ausgelegt war, dass die Spanabfuhr während der Bearbeitung erfolgte. Wir dachten, dass dessen Einsatz eventuell ein Lösungsansatz in Richtung einer effektiveren Automatisierung sein könnte.
Okuda: Wir entschieden uns im Jahr 2012, das Verfahren zur Pressformherstellung grundlegend zu überarbeiten. Eine wich-tige Rolle spielte dabei die Senkung von Ausschuss während einzelner Herstellungs-prozesse. Wir begannen, darüber nachzudenken, ob die Entwicklung eines speziellen Werkzeugs zur Spanabfuhr sinnvoll wäre.
Sato: Unsere erste Besprechung fand im Juni 2015 statt.
Idota: Wir erstellten zunächst Grobzeich-nungen, um das Konzept zu verdeutlichen. Dann statteten wir dem Werk von Mitsubishi Materials in Tsukuba einen Besuch ab. Wir waren uns zunächst nicht sicher, ob Mitsubishi Materials sich auf eine derart komplexe Anforderung einlassen würde. Das dortige Personal war jedoch an einer Lösung dieser Problemstellung hochinteressiert.
Okuda: Mitsubishi Materials hatte zwar bereits den Qing-Fräser hergestellt, aber wir benötigten ein speziell konstruiertes Werkzeug. Mitsubishi Materials musste also wieder ganz von vorne anfangen. Wir merkten aber, dass sie unbedingt mit uns zusammenarbeiten wollten. Darüber haben wir uns sehr gefreut.
Sato: Vielen Dank für Ihre freundlichen Worte. Als wir von der Anfrage hörten, wußte ich nicht, ob wir Ihre Anforderungen erfüllen könnten. Im Wesentlichen, mussten wir zur Spanabfuhr die Schwerkraft überwinden. Meine Erfahrung im Bereich der Entwicklung von Bohrern half mir bei der Konzeption einer neuen Form. Als das Konzept Gestalt annahm, wurde mir klar, dass wir das hinbekommen würden.
Matsumoto: Wir brachten zwar zu jeder Besprechung neue Anforderungen mit. Die Kollegen fanden jedoch immer schnell passende Lösungen. Die Prototypen wurden auch nach jeder Prüfung jeweils schnell verbessert. Das gab uns Vertrauen in ihre Arbeit.
Idota: Wir traten im Juni mit der Anforderung an Mitsubishi Materials heran. Mitte September hatten sie bereits einen Prototypen fertiggestellt. Dabei handelte es sich um den Hauptkörper und das Gehäuse, nicht nur um ein Konstruktionsmodell.
Sato: Bei der Inhouse-Prüfung im September wurde klar, dass es bei der Bearbeitung nicht zu Problemen kam, auch nicht zu Vibrationen. Die Spanabfuhrrate lag bei über 90%. Das deckte sich mit unserem Ziel. Wir hatten das Gefühl, dass unsere Arbeit erfolgreich war.
Okuda: Der Anfall von Spänen bei der maschinellen Bearbeitung war für mich völlig normal. Ich konnte es kaum glauben, dass sie automatisch entsorgt wurden.
Sato: Wir waren sehr froh, dass alle so erstaunt waren, dass bei der Bearbeitung keine Späne zu sehen waren. Es war ein sehr gutes Gefühl, zu sehen, dass unsere Leistung die Erwartungen des Kunden übertrafen.
Idota: Herr Sato arbeitete sehr kunden-orientiert und reagierte schnell, um unsere Erwartungen zu erfüllen. Er fand Lösungen für alle Probleme, die wir während der Besprechungen an ihn herantrugen. Beim nächsten Prototyp waren die Lösungen immer bereits umgesetzt.
Sato: Wir waren alle froh, dass wir die auftretenden Probleme lösen konnten. Es war für mich das erste Mal, dass ich Probleme und Lösungen mit Kunden in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess besprach. Wir nahmen uns Zeit und besprachen alle Fragen, bis wir das Gefühl hatten, die beste Lösung gefunden zu haben. Ich arbeitete sehr gerne mit den Leuten von Toyota Auto Body zusammen.
Idota: Im November jedes Jahres stellen wir technische Verbesserungen vor, an denen wir gearbeitet haben. Auf einer dieser Präsentationen ging es um den Qing NEO. Ich hatte einen Prototypen dabei, den mir Mitsubishi Materials auf meine Anfrage hin sehr kurzfristig zur Verfügung stellte. Ich zeigte die Spanabfuhr, und das gesamte Publikum war beeindruckt davon, wie effektiv der Prozess war.
Idota: Die Form des Werkstücks und die Bearbeitungsmethode führten manchmal zu Problemen. Gehäuse und Aufnahme kamen sich manchmal ins Gehege, oder es kam zu einer verringerten Spanabfuhrrate. Wir arbeiteten jedoch konzentriert daran, die Problemursachen zu identifizieren und eine Lösung für jedes auftretende Problem zu finden.
Sato: Bei Bearbeitungsvorgängen im 75°-Winkel werden immer noch viele Späne nicht aufgenommen. Darauf legen wir ab jetzt unser Hauptaugenmerk.
Okuda: Als wir die gesamte Konstruktion umkrempelten, um die Interferenzen zwischen Gehäuse und Aufnahme zu eliminieren, lag die Spanabfuhrrate bereits bei ca. 96 bis 97% und bei über 90% an Schrägen. Wir waren mit den Ergebnissen zufrieden, aber Herr Sato wollte die Ergebnisse noch weiter verbessern. Ein wichtiges Ziel, der Einsatz des Qing NEO mit einem ATC, sollte umgesetzt werden. Auch suchten wir noch nach Möglichkeiten zur Reduzierung der Herstellungskosten.
Idota: Durch die Beziehung, die wir im Verlauf dieser gemeinsamen Entwicklung aufbauten, war es kein Problem, unsere Meinungen offen und ehrlich auszutauschen. Wir arbeiten auch heute noch zusammen und hoffen, Hersteller von Peripherie-anlagen und Bearbeitungsmaschinen in zukünftige Projekte einzubinden.
Sato: Die Metallzerspanung ist komplexer als man denkt. Jeder Kunde hat spezielle Ziele, beispielsweise die Spanabfuhr, die Erhöhung der Werkzeugstandzeit oder hohe Oberflächengüte. Und es gibt viele verschiedene Wege, um diese Ziele zu erreichen. Wenn wir ein Ziel erreichen, freuen wir uns, dass wir dem Idealzustand ein bisschen näher gekommen sind.
Matsumoto: Für mich liegt der Reiz darin, dass der Wert unserer Planung und Umsetzung quantifizierbar ist. Die Spanabfuhr dauert beispielsweise statt einer Stunde nur noch ein paar Minuten, und die Gesamtbearbeitungszeit hat sich dadurch halbiert. Unsere Erfolge sind deutlich sichtbar. Ich bin zufrieden, wenn alle anderen Beteiligten zufrieden sind.
Okuda: Es wurde zwar viel Wert von Produkten zu Dienstleistungen umgeschichtet, aber das Bestreben, Werte zu schaffen, die höhere Qualität zu geringeren Kosten möglich machen, bleibt. Ich bin stolz darauf, dass die Bearbeitung von Metallformen ein Teil des Wertschöpfungsprozesses eines Produkts ist.
Idota: Es gibt noch viele unerforschte Bereiche, und der Qing NEO war einer davon. Dazu kommt, dass ständig neue Werkstoffe entwickelt werden, die mit der herkömmlichen Technologie schwer zu zerspanen sind. Das heißt, es gibt ständig Potenzial für die Schaffung neuer, innovativer Metallzerspanungstechnologien.
Okuda: Toyota Auto Body hat oftmals vorhandene Werkzeuge angepasst. Wir entwickeln aber selten Werkzeuge von Grund auf gemeinsam mit einem anderen Unternehmen, wie in diesem Fall. Ich würde gerne mehr Geschäftspartner finden, die so mit Endanwendern zusammenarbeiten wollen und können. Ich bin zuversichtlich, dass trotz aller Herausforderungen die Halbierung der derzeitigen Bear-beitungszeiten machbar ist. Ich würde gerne das ideale Bearbeitungsverfahren für Pressformen schaffen.