CRAFTSMAN STORY vol.5

Bohrwerkzeug für CFK: MC Serie

Neue Werkstoffentwicklung

Bohrwerkzeug für CFK: MC Serie

Seit der Einweihung der Boeing 787 im Jahr 2011 wurde CFK nach und nach immer häufiger als neuer Werkstoff für Rahmenkonstruktionen, Hauptflügel usw. eingesetzt. Anders als reguläre Metalle besteht CFK aus Kohlenstofffasern und Epoxidharz, und die Bearbeitung dieses neuen Werkstoffs erfordert neue Techniken. Wir haben Mitarbeiter der Gifu Aero Group, die an der Entwicklung dieses wichtigen Werkstoffs beteiligt waren, zu diesen neuen Bearbeitungstechniken befragt.

Was ist charakteristisch für den Vorgang des CFK-Bohrens?

– Welchen Hintergrund hat die Entwicklung?

Yanagida: Mitsubishi Materials beliefert seine Kunden seit über zehn Jahren mit Bohrern für die CFK-Bearbeitung. Im Laufe dieser Jahre haben wir alle Bohrfunktionen verbessert. Wir nutzen das über die Jahre zusammengetragene Know-how, um breite Lösungen anzubieten, die bei einer Vielzahl von CFK-Anforderungen anwendbar sind. CFK verfügt über Schichten aus Kohlenstofffasern und Epoxidharz, die einer Wärmebehandlung unterzogen wurden. Im Vergleich zu Stahl hat CFK nur ein Viertel des Gewichts und ist zehn Mal stärker. Es ist außerdem korrosionsbeständig, wärmebeständig und hochfest. Während die Kohlefaserschicht hart aber zerbrechlich ist, ist die Harzschicht weich und leicht verformbar.

Yamamoto: Darum kommt es bei der CFK-Bearbeitung zu Gegebenheiten, die sich grundsätzlich von der Bearbeitung von Metall unterscheiden. Die Hauptfehler, die beim CFK-Bohren auftreten, betreffen die Erzeugung unzerspanter Fasern, Delamination aufgrund der Schichtstruktur und Schädigungen an der Bohrungswand durch Reibung von CFK und Metall. In diesem Projekt haben wir begonnen, diese Problematik zu überprüfen, indem wir die technischen Mechanismen, die die Fehler verursachen, sorgfältig untersuchen.

Yanagida: Es gibt zwei Sorten von CFK-Werkstoffen, die für Flugzeugteile verwendet werden. Die eine enthält Harz mit duroplastischen Eigenschaften und Thermoplastizität, die andere ist ein Schichtverbundmaterial, das durch Aufeinanderschichten von Aluminium- und Titanrippen auf das CFK hergestellt wird. Dazu gibt es auch zwei wesentliche Bearbeitungsmethoden. Bei der einen erfolgt eine mechanische Bearbeitung mittels eines Bearbeitungszentrums, bei der anderen erfolgt ein manueller Vorschub. Angesichts dieser unterschiedlichen Materialien und Bearbeitungsmethoden ist es äußerst schwierig, einen Bohrer herzustellen, der für alles geeignet ist. In diesem Projekt haben wir daher die MC-Serie mit sieben verschiedenen Bohrern für eine breite Palette von CFK-Werkstoffen entwickelt. Sie wurden im April 2017 auf dem Markt eingeführt.

Was ist charakteristisch für den Vorgang des CFK-Bohrens?

MCA-Serie mit neuer Spannutgeometrie für die Bearbeitung von Schichtverbundmaterialien zur Vermeidung von Schädigungen an der Bohrungswand

– Könnten Sie uns bitte einige der sieben Produkte vorstellen?

Yanagida: Es gibt zwei Typen: MCA und MCC. MCA ist ein Bohrer für CFK und Aluminiumverbundwerkstoffe. Wir haben versucht, die Leistung der CFK-Bohrer, die in den letzten zehn Jahren als Spezialprodukte verfügbar waren, erheblich zu verbessern. Normalerweise verwenden wir denselben Bohrer für Schichtverbundmaterialien aus Kohlefasern und Aluminium, obwohl deren Bearbeitbarkeit völlig anders ist. Das Problem ist das Entstehen von Schädigungen an der Bohrungswand. Wenn der Bohrer durch das CFK dringt und die Aluminiumschicht bearbeitet, können die Aluminiumspäne die CFK-Oberfläche zerspanen. Infolgedessen weichen die Lochdurchmesser in den CFK- und den Aluminiumschichten ab. Wir haben das Nutdesign des MCA geändert, um dies zu verhindern.

Yamamoto: Wir haben uns auf die Breite der Spannuten konzentriert. Die Nutbreite ist normalerweise konstant; die Nuten des MCA jedoch vergrößern sich kontinuierlich ab der Schneide. An der Stelle haben wir eine enge Spannut konstruiert, um einzelne kompakte Späne zu erzeugen, die dann durch die Spannuten transportiert werden können, ohne die Oberfläche der Bohrung zu beschädigen. Hierbei handelt es sich um ein spezielles Nutdesign das hauptsächlich für Schichtverbundmaterialien vorgesehen ist.

Yanagida: Wir setzten die zur Tieflochbohrbearbeitung verwendete MWS-Bohrtechnologie von Mitsubishi Materials ein. Die gleichmäßige Förderung der Späne verlangte eine höhere Oberflächenqualität des Bohrlochs, was ein allgemeines Problem bei der Bearbeitung sowohl von Schichtverbundmaterialien als auch Tieflochbohrungen darstellte. Für die MCA-Entwicklung verwendeten wir ebenfalls die Technologie der MHE-Bohrer, die für die Bearbeitung von Radnaben eingesetzt wurden. MHE-Bohrer werden genutzt, um Bohrungen für Schraubbolzen an den Naben herzustellen, die die Fahrzeugachse und die Räder verbinden. Der Durchmesser der Bohrungen in jeder Nabe muss sehr genau sein, und die Qualität der Bohrungsoberfläche  muss äußerst hoch sein. Um zu vermeiden, dass die Späne die Oberfläche der Nabe beschädigen, benötigt der MHE engere Nuten als reguläre Bohrer.

Yamamoto: Infolgedessen griff MCA auf die Erfahrungen mit unseren MWS und MHE zurück. Der Bohrer erzeugt zunächst kleine Späne, die durch eine enge Nut  abgeführt werden. Dann werden die Späne in eine verbreiterte Nut befördert und ausgetragen, ohne die Wand des Bohrlochs zu beschädigen. Auf diese Art und Weise wurde beim MCA-Bohrer ein völlig neues Konzept angewandt, indem der Spantransport des MWS-Tieflochbohrers mit der Spanformung des MHE-Radnabenbohrers kombiniert wurden.

MCA-Serie mit neuer Spannutgeometrie für die Bearbeitung von Schichtverbundmaterialien zur Vermeidung von Schädigungen an der Bohrungswand

Positive Schneide fördert die Zerspanungsqualität

– Welchen Hintergrund hat die MCC-Entwicklung?

Yamamoto: MCC wurde zwar speziell für die Bearbeitung von CFK entwickelt, aber bei Flugzeugteilen wird nicht nur CFK verwendet, sondern auch Schichtverbundmaterialien. Auch in der Automobil- und Windanlagenindustrie wird CFK verwendet. Tatsächlich haben unsere Kunden einen hohen Bedarf zur Bearbeitung von CFK-Werkstoffen, und häufig müssen Löcher in dünne Platten gebohrt werden.

Yanagida: Das größte Problem beim Bohren von CFK-Werkstoffen  ist die Delamination am Ende der Bohrung. Im Gegensatz zu Schichtverbundmaterialien verfügt CFK nicht über eine Metallschicht am Bohrungsende, die Absplitterungen an der Bohrungswand verhindern könnte. Stattdessen hat der Bohrungsgrund keinerlei Abstützung, sodass die unterste CFK-Schicht weggedrückt statt zerspant wird. Dies kann dazu führen, dass die CFK-Oberfläche am Bohrlochausgang entfernt wird.

Yamamoto: Wir haben die Schneiden der MCC-Bohrer extra scharf ausgeführt, damit sich ein weicher Schnitt im CFK ergibt. Durch den geringen Schnittwiderstand wird eine Delamination wirkungsvoll verhindert.  Der wichtigste Aspekt des MCC-Bohrers ist die Schneide. Bohrer verfügen klassischerweise über einen negativen Spanwinkel, um die Schneidenstabilität  zu verbessern und die Werkzeugstandzeit zu verlängern. Ein negativer Spanwinkel kann jedoch nicht für ein gleichmäßiges Zerspanen harter Kohlefaserschichten sorgen. Der MCC profitierte von der herausragenden Prozesssicherheit der Schneidstoffe von Mitsubishi Materials, so dass eine scharfe positive Schneide in radialer Richtung realisiert werden konnte. Die Schneide ist jetzt rasiermesserscharf. Sie zerspant CFK gleichmäßig und vermeidet Delamination und  unzerspante Fasern am Bohrlochausgang. Darüber hinaus verringerte der 90-Grad-Spitzenwinkel den Schneiddruck zu Beginn der Bearbeitung, was ebenfalls zu einer verringerten Delamination beitrug.

Positive Schneide fördert die Zerspanungsqualität

–  Über welchen Eigenschaften verfügt die Beschichtung?

Yamamoto: CFK hat mechanische Eigenschaften, die sofort nach dem Beginn der Bearbeitung mit unbeschichteten Hartmetallbohrern zu abrasiven Verschleiß führen. Gegen dieses Problem setzten wir CVD-Diamantbeschichtungen für MCA- und MCC-Bohrer ein, um den Verschleißwiderstand zu erhöhen.

Yanagida: Zur Maximierung der Schärfe der Schneide mussten wir sowohl die Form der Schneide als auch die Größe der Partikel der Diamantbeschichtung berücksichtigen. Die neuen CVD-Diamantbeschichtungspartikel von Mitsubishi Materials sind extrem fein, wodurch die Haftung erheblich verbessert wird, und wir konnten die Werkzeugstandzeit im Vergleich zu konventionellen Beschichtungen um etwa das Zehnfache verbessern.

– Was haben Sie zur Verbesserung der Schärfe unternommen?

Yamamoto: Zur Verbesserung der Schärfe, die für uns Priorität hatte, haben wir nach der besten Bearbeitungsmethode der Schneidkante und der Maximierung von Spiral-, Span- und Freiwinkel gesucht, bei denen es sich um grundlegende Elemente von Bohrern handelt. Wir haben einzelne Kombinationen von Winkeln untersucht, um die beste Lösung zur Vermeidung von Schäden am Bohrer zu finden. Im Allgemeinen gilt, je größer diese Winkel, umso besser wird die Schärfe. Hartmetall ist jedoch ein spröder Werkstoff und ist nur begrenzt belastbar. Die Kombination von Schneidengeometrie und Werkstoff bestimmt die endgültige Leistung, das heißt, dass wir den Bohrer praktisch verwenden mussten, um zu sehen, wie leistungsfähig er ist.

Yanagida: Wir führten gemeinsame Untersuchungen mit der TU Wien in Österreich durch, die uns dabei unterstützt hat, unsere MC-Serie zu entwickeln. Als wir Tests mit den Prototypen mit unterschiedlichen Beschichtungsdicken, mit Kantenformen und Spanwinkeln durchführen mussten, baten wir die TU Wien um Zusammenarbeit und erwarben Basisdaten, von denen wir annahmen, dass sie zum Erfolg dieser wichtigen Innovation erheblich beitragen würden.

Herausforderungen und Erfolge bei der Entwicklung neuer Werkstoffe

– Mit welchen Herausforderungen hatten Sie bei der MCC-Entwicklung zu kämpfen?

Yamamoto: Neben den Herausforderungen, die sich uns gestellt haben, hatten wir auch das Vergnügen der CFK-Bearbeitung, deren Mechanismen ganz anders als bei regulären Metallen sind. Ich wechselte zur Luft- und Raumfahrtabteilung der Gifu Aero Group, als wir im Oktober 2016 beschlossen, mit der MCC-Entwicklung zu beginnen. Ich hatte Erfahrungen mit der Entwicklung von Bohrern für Metall, aber es war das erste Mal, dass ich an CFK-Bohrern arbeiten sollte. Die speziell mit der Bearbeitung verbundenen Phänomene und alle anderen Aspekte hinsichtlich der Arbeit mit CFK waren für mich vollkommen neu aber auch eine schöne Erfahrung. Angesichts der kurzen Geschichte der CFK-Bearbeitung war ich wirklich erfreut, an etwas Neuem zu arbeiten.

Yanagida: Die Entwickler in dieser Abteilung, einschließlich Yamamoto, fertigen Prototypen. Wir bedienen die Werkzeugschleifmaschinen selbst. Dabei achten wir auf optimale Maschinenparameter, wie Schleifscheibenwinkel, Drehzahl, Körnungen. Durch die Erfahrungen, die wir dabei sammeln, entstehen immer bessere Prototypen.

Yamamoto: Wir haben wiederholt die Schleifbedingungen mit Schwerpunkt auf Sicherstellung der Schärfe überprüft. Während dieser Prozesse haben wir vielversprechende Prototypen ausgewählt und baten die Kunden, deren Qualität zu überprüfen. Als wir hörten: „Das ist viel besser als der Bohrer, den wir jetzt benutzen“, waren wir hoch erfreut. 

Yanagida: Da wir Prototypen selbst entwerfen, herstellen und testen, bemerken wir sofort den kleinsten Unterscheid in der Leistung. Da Yamamoto die MMC-Prototypen entwickelt hat, hatte er einige Ideen, die er bei der Produktentwicklung umsetzte. Dadurch waren wir in der Lage, ein besonderes Produkt zu liefern.

– Würden Sie uns bitte etwas über Ihre Pläne für die zukünftige CFK-Bohrerentwicklung erzählen?

Yanagida: Die wichtigste Anforderung bei der Herstellung von Flugzeugteilen ist die Sicherheit. Die Verlängerung der Werkzeugstandzeit ist ebenfalls ein wichtiges Ziel, aber die Qualität des Bohrlochs hat Priorität. Wir streben beides an. Es ist vorhersehbar, dass sich die Festigkeit von CFK-Werkstoffen weiter verbessern wird. Neue Schichtverbundmaterialien mit Edelstahl werden noch schwieriger zu zerspanen sein. Mitsubishi Materials wird weiterhin gemeinsame Forschung mit Kohlefaserherstellern durchführen und mit Universitäten zusammenarbeiten, die sich mit Schneidkantenforschung befassen, um das Verständnis über die CFK-Bearbeitung zu vertiefen und auf die wachsenden Marktanforderungen zu reagieren.

– Gibt es etwas, das Sie Ihren Kunden noch sagen möchten?

Yanagida: JIS und ISO haben noch keine CFK-Strukturen spezifiziert. Es gibt viele verschiedene Typen von Kohlefaserharzen, unterschiedliche Stärken und Webtechniken. Daher ist es notwendig, maßgeschneiderte Bohrer für den jeweils zu verwendenden Werkstoff herzustellen, um Bohrlöcher höchster Qualität sicherzustellen. Wir freuen uns darauf, die Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen. Bitte setzen Sie sich mit uns in Verbindung!

Yamamoto: Die MC-Serie ist im Katalog als Standardprodukt aufgeführt. Ich denke jedoch, dass die MC-Serie maßgeschneidert und individuell auf die jeweiligen Kundenanforderungen zugeschnitten sein sollte. Unser Ziel ist es, Kundenanforderungen schnell und effizient zu erfüllen. Bitte lassen Sie sich von uns beraten.

Herausforderungen und Erfolge bei der Entwicklung neuer Werkstoffe