CRAFTSMAN STORY vol.3

Reduzierung des Randverschleißes bei der Bearbeitung von Superlegierungen

- Entwickelt für das Drehen schwer zerspanbarer Werkstoffe MP/MT9000 SERIES -

Reduzierung des Randverschleißes bei der Bearbeitung von Superlegierungen

Die Nachfrage der Industrie nach schwer zerspanbaren Werkstoffen steigt stetig. Daher ist es entscheidend, geeignete Standardprodukte zu entwickeln, die sich auf möglichst viele Bearbeitungsfälle von schwer zerspanbaren Materialien anwenden lassen. Wir sprachen mit vier Mitarbeitern der Werkzeugentwicklungsabteilung über ihre Erfahrungen bei der Entwicklung von Wendeschneidplatten für diese Werkstoffe.

Q: Würden Sie unseren Lesern bitte ein paar Hintergrundinformationen geben?

Sugaya: Der Bedarf an schwer zerspanbaren Werkstoffen ist in verschiedenen Branchen wie der Luftfahrt-, Automobil- und Medizinindustrie deutlich gestiegen. Um diesen Bedarf zu decken, haben wir ein Entwicklungsprojekt für Produkte zur Bearbeitung schwer zerspanbarer Werkstoffe initiiert. Diese Werkstoffe werden für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen eingesetzt. Die für die einzelnen Produkte und Teile erforderlichen Werkzeugeigenschaften variieren dabei erheblich. Wir wollten jedoch ein Standardwerkzeug entwickeln, das unter vielen verschiedenen Bedingungen eingesetzt werden kann. Dafür haben wir zunächst die gewünschten Prioritäten mit den Mitarbeitern der Vertriebsabteilung besprochen, weil diese die Kundenanforderungen genau kennen. Darüber hinaus sprachen wir mit den Mitarbeitern der Werkstoffentwicklungsabteilung. Auf der Grundlage dieser Gespräche haben wir uns für die Luftfahrtindustrie als Referenz entschieden und begonnen, optimierte Wendeschneidplatten für die Bearbeitung von Titan und Superlegierungen 
zu entwickeln.

 

Q: Welche Herausforderungen waren mit diesem Entwicklungsprozess verbunden?

Sugaya: Der Mechanismus, der bei der Bearbeitung schwer zerspanbarer Materialien wie Titan oder Superlegierungen Schäden an den Schneidkanten verursacht, unterscheidet sich wesentlich von dem, der bei der Bearbeitung von Metallwerkstoffen wie Gusseisen oder Stahl auftritt. Wir haben uns darauf konzentriert, den Randverschleiß zu reduzieren und die Werkzeugstandzeit zu verlängern.

Sugawara: Zunächst haben wir dafür die vorhandenen Werkzeuge einer gründlichen Analyse unterzogen. Weil die Schäden, die bei der Bearbeitung verursacht werden, von geringen Unterschieden bei den vorhandenen Bedingungen abhängig sind, lassen sich die Ergebnisse nur schwer interpretieren. Aus diesem Grund haben wir in der Experimentierphase möglichst viele Proben verwendet und der Analyse jeder einzelnen Probe mehr Kriterien zugrundegelegt, als dies üblicherweise der Fall ist. Im Rahmen dieser Arbeiten stellten wir fest, dass die Spanwinkel und die Hongrößen die wichtigsten Faktoren für die Reduzierung von Schäden sind.​​​​​​​

Sugaya: Der Prototyp mit einem großen Spanwinkel und kleinem Honwert reduzierte den Schaden bei der ersten Bearbeitung erheblich. Die Werkzeugstandzeit bei der Bearbeitung von Superlegierungen ließ sich jedoch angesichts der komplexen Eigenschaften dieser wärmebeständigen Werkstoffgruppe nur sehr schwer präzise vorhersagen. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen daher die Parameter jeder Anwendung sorgfältig und präzise angepasst werden. Es stellte sich heraus, dass ein Hauptfaktor für die Verlängerung der Werkzeugstandzeit bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Superlegierungs-Anwendungen darin bestand, den Randverschleiß so weit wie möglich zu reduzieren. Daher führten wir zahlreiche Experimente durch, um die beste Schneidkantenform für eine große Anwendungsbreite zu ermitteln.​​​​​​​

Ichinoseki: Wir probierten zahlreiche Versionen systematisch aus. Da wir den Spanwinkel und den Honwert vor der Entwicklung umfassend diskutiert hatten, konnten wir mehr Arbeit und Zeit in die Produktion von Prototypen, Formmessungen, Bearbeitungsbeurteilungen und -analysen stecken als bei vorherigen Projekten. Nachdem wir einen Prototyp hergestellt hatten, führten wir drei Tage lang Tests durch. Auch wenn Computer uns halfen, den Entwicklungsprozess effizienter zu gestalten, erforderten die nötigen Testwiederholungen zur Sicherstellung der Präzision viel Ausdauer und Geduld. Unsere Bemühungen zahlten sich jedoch aus, da es uns gelang, den am besten geeigneten Spanwinkel und die optimale Hongröße für jedes Produkt zu bestimmen.

Sugaya: Durch systematisches Probieren entwickelten wir drei Arten von Spanbrechern für die Anforderungen des Marktes und führten diese 2013 als neue Serie ein. Für verschiedene Anwendungen sind heute der LS-Spanbrecher mit einem Spanwinkel von 20 Grad und hervorragender Spankontrolle, der MS-Spanbrecher mit einem Spanwinkel von 15 Grad, der Randverschleiß verringert, und der RS-Spanbrecher mit einem Spanwinkel von 10 Grad, der Absplitterungen minimiert, erhältlich. Diese Produkte werden für ihre Schärfe hochgeschätzt, und die Eignung für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen über die Bearbeitung von Superlegierungen hinaus hat ihnen hohes Ansehen eingebracht. Wir freuen uns, dass unsere Produkte vom Markt so gut angenommen wurden.

Masuno: Wir haben bei diesen Produkten den Al-Gehalt im Vergleich zum bisherigen (Al, Ti) N deutlich erhöht, um eine größere Härte zu erreichen. Dies hat die Widerstandsfähigkeit gegen Abrieb und Aufbauschneidenbildung wesentlich verbessert. Außerdem konnten wir die Leistung im Vergleich zu bisherigen Produkten um mehr als 25% steigern. Nochmals erhöht wurde die Leistung der Wendeschneidplatten für schwer zerspanbare Werkstoffe durch die Kombination mit einer optimal angepassten Schneidkantengeometrie.

Q: Was stand bei der Entwicklung im Vordergrund?

Ichinoseki: Als Entwickler stand für uns das Design im Vordergrund. Die Funktionalität beim Spanbruch führte zu dem endgültigen Design, das aussieht wie ein dreieckiger Flügel. Dieses Design vermittelt einen zusätzlichen Eindruck von der Leistungsfähigkeit der Platten bei der Bearbeitung von Superlegierungen.​​​​​​​

Sugawara: Für Drehanwendungen stehen zahlreiche verschiedene ISO-Wendeschneidplatten zur Verfügung. Indem wir die grundlegenden Eigenschaften des Prototyps beibehalten haben, bieten wir heute eine Vielzahl unterschiedlicher Geometrien an, die verschiedene Größen, Freiwinkeln und Eckradien kombinieren. Um Verzögerungen bei der Produkteinführung zu vermeiden, haben wir ein System entwickelt, das es uns ermöglicht, den Zeitbedarf für unseren Designprozess gegenüber bisherigen Produkten um zwei Drittel zu verkürzen.

Sugaya: Der größte Vorteil unseres Teams aus vier Mitarbeitern mit unterschiedlichem Alter und Erfahrungen bestand darin, dass wir verschiedenste Kenntnisse kombinieren konnten. Herr Ichinoseki etwa steuerte die Erfahrungen, die er im Verlauf seiner langen beruflichen Laufbahn gesammelt hat, zu einem von uns verwendeten Design-Handbuch bei. Ich kann jungen Entwicklern dieses wichtige Werk nur dringend empfehlen. Ich selbst möchte mehr über die Technologien lernen, die von solch erfahrenen Mitarbeitern entwickelt wurden, und dieses Wissen an die nächste Generation weitergeben.​​​​​​​

Ichinoseki: Ich denke auch, dass die Begeisterung und der Optimismus unseres Teamleiters, der das jüngste Mitglied unseres Teams war, alle in eine positive Stimmung versetzt und die Produktentwicklung entscheidend vorangetrieben haben.

Q: Haben Sie noch weitere Informationen für ihre Kunden?

Ichinoseki: Wir verkaufen derzeit nur negative Schneidplatten, planen für die Zukunft aber auch positive Platten auf den Markt zu bringen. Nachdem wir die Produkte dem Markt zur Verfügung gestellt hatten, stellten wir fest, dass sich die Schneidplatten und die für ihre Entwicklung verwendete Technologie auch für die Bearbeitung von Kleinteilen verwenden lassen. Daher werden wir noch kleinere Platten entwickeln. 

Sugaya: Auch wenn diese Produkte für schwer zerspanbare Werkstoffe entwickelt wurden, können sie ebenso für Edelstähle und andere Stahlsorten eingesetzt werden. Ich hoffe, dass unsere Kunden von dieser Vielseitigkeit profitieren. Darüber hinaus werden wir das Angebot um ein großes Sortiment an unterschiedlichen Geometrien erweitern, damit sich die Platten noch breiter einsetzen lassen.​​​​​​​​​​​​​​

Sugawara: Bei der Entwicklung haben wir auch neue Ideen zur Erhöhung der Effizienz umgesetzt. Das im Projekt gesammelte Wissen wird uns bei weiteren Entwicklungen helfen. Ich bin sehr froh, dass wir unseren Kunden diese Produkte so schnell liefern konnten. ​​​​​​​

Masuno: Wir werden auch in Zukunft neue Werkstoffe und Technologien für hochwertige und leistungsstarke Produkte entwickeln.

Wendeschneidplatten für das Drehen schwer zu bearbeitenden Materialien MP/MT9000 Serie