TECHNOLOGY ARCHIVE vol.1

Miracle-Beschichtung: Eine Technologie weit ihrer Zeit voraus

Miracle-Beschichtung:  Eine Technologie weit ihrer Zeit voraus

Auf dem Weg zu neuen „Miracle“-Produkten

Ende der 1980er-Jahre, in der Blütezeit der TiN-Beschichtung (Titannitrid), trat die Al-TiN-Beschichtung (Titanaluminiumnitrid) ins Rampenlicht und stellte alle bekannten Verfahren auf den Kopf. In den folgenden Zeilen erhält man einen Einblick, wie diese passenderweise als „Miracle-Beschichtung“ bezeichnete Technologie die Geschichte von Hartmetallwerkzeugen umgeschrieben hat.

Teil 1. 1987~ Die Miracle-Beschichtung war das Ergebnis einer Teamleistung

Die aluminiumhaltige TiN-Beschichtung kam 1987 auf den Markt. Die Entwicklung dieser neuen Beschichtung vollzog sich mit dem Eintritt von Kobe Steel Co. Ltd., einem Hersteller von Schnellarbeitsstahlwerkzeugen, in die Herstellung von Hartmetallwerkzeugen. Dieser war der Vorläufer des Standorts Akashi von Mitsubishi Materials Corporation. Während heute die dunkelviolette Beschichtung gängig ist, wurde damals vorwiegend die goldfarbene TiN-Beschichtung bevorzugt. Dies stellte zwar eine hervorragende Leistung dar, aber es war unsicher, ob diese neue Beschichtung vom Markt akzeptiert wird. Auf der JIMTOF 1988 wurden Muster ausgestellt, und zwei Jahre später wurde der erste Hartmetallbohrer mit Miracle-Beschichtung eingeführt. 1991 wurde der Miracle-Schaftfräser auf dem Markt eingeführt. Trotz Bedenken vor der Produkteinführung fand der Miracle-Schaftfräser als herausragendes und revolutionäres Produkt höchste Anerkennung. Das Unternehmen konnte daraufhin seine Produktionskapazitäten vervierfachen. Ein besonderer Erfolg war, dass Formteile nach der Aushärtephase mit Miracle-Schaftfräsern bearbeitet werden konnten – etwas, das zu jener Zeit unvorstellbar war. Elektroerosion war zwar eine beliebte Methode der Hartbearbeitung; die schnellere Bearbeitung mit Schaftfräsern sorgte jedoch für eine erhebliche Verkürzung der Vorlaufzeit von Formen. Das Produkt wurde zum Wunderwerkzeug – einem „Miracle“-Werkzeug. Die Miracle-Beschichtung erwies sich als viel langlebiger, als es sich das Unternehmen je erträumt hätte und führte ironischerweise dazu, dass keine weiteren Materialien für Leistungsbewertungen verfügbar waren. Dies ist nach wie vor ein großes Problem und oftmals Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen Beschichtungsentwicklern, die Bewertungen der Bearbeitung fordern, und dem Evaluierungspersonal, das die Prüfungskosten senken möchte. 1995 ging der Technische Preis der japanischen Maschinenbauer-Gesellschaft (Japan Society of Mechanical Engineers) an Miracle-Schaftfräser. Im gleichen Jahr erhielt der Schnellzug Nozomi Shinkansen die gleiche Auszeichnung. Es ist erfreulich, dass die bei den Schaftfräsern eingesetzte Technologie für so wertvoll wie der Shinkansen gehalten wurde.

Teil 2. 1996~ Vielseitige Miracle-Beschichtungstechnologie

Die aluminiumhaltige TiN-Beschichtung, das Hauptmerkmal der ursprünglichen Miracle-Beschichtung, und das vorhandene Know-how in Sachen Fertigung ermöglichten die Verwendung der Miracle-Beschichtung bei vielen Anwendungsbereichen. So war Mitsubishi Materials beispielsweise, das erste Unternehmen, das Silizium hinzufügte, welches bei PVD-Beschichtungen häufig verwendet wurde. AlTiSiN-Beschichtungen vereinigten die extreme Härte und Oxidationstemperatur der Miracle-Beschichtung mit den neu entwickelten Hartmetall-Werkstoffen und Geometrien und ermöglichten so die Bearbeitung von Stählen mit einer Härte von über 60 HRC. Ein weiteres führendes Beispiel ist die Violet-Beschichtungstechnologie AlTiN, die bei HSS-Werkzeugen zum Einsatz kommt. In der Tat sind beschichtete HSS-Werkzeuge schwieriger zu fertigen als Hartmetallwerkzeuge. Während zur Optimierung einer Beschichtung hohe Temperaturen erforderlich sind, wird die Härte von HSS-Werkzeugen ab Temperaturen von 550 °C beeinträchtigt. Dies erfordert ein ausgewogenes Verhältnis in der Gestaltung von Werkzeug und Beschichtung. Vor dieser Herausforderung stehen alle Unternehmen, die Beschichtungstechnologien entwickeln, und Mitsubishi Materials ist immer an vorderster Front, die Technologie voranzutreiben. Die Entwicklung von Bohrern mit Violet-Beschichtung war zwar mühsam, aber ihre anhaltende Beliebtheit beweist, dass sich die harte Arbeit für die Fertigung des Werkzeugs gelohnt hat.

Teil 3. 2000~ WSP und Hartmetallbohrer werden zur führenden Technologie

Im Jahr 2000 wurde der Standort Akashi eine unmittelbare Tochtergesellschaft von Mitsubishi Materials Corporation. Die Miracle-Beschichtungstechnologie wurde unverzüglich auf VHM-Bohrer und Hartmetall-WSP, einem der größten Geschäftsbereiche von Mitsubishi Materials, angewandt. Die Fertigung von WSP basierte damals hauptsächlich auf der CVD-Beschichtungsmethode, während PVD-beschichtete WSP nur die sekundäre Linie bildeten. Im Zuge der Entwicklung der Miracle-Beschichtung in Kombination mit modernen Werkzeuggeometrien avancierte PVD zur führenden Beschichtungstechnologie. Insbesondere die Sorte VP15TF wurde zum wichtigsten Werkstoff für WSP und bot durch die Kombination der Miracle-Beschichtung mit geeigneten Substraten eine große Vielfalt an Werkzeugen. In der Branche galt: „Wenn Du nicht weißt, welche Sorte Du wählen sollst, nimm VP15TF“ – ein Beweis der Popularität dieser Sorte. 

Die Miracle-Beschichtung wurde auch bei Hartmetallbohrern eingesetzt. Die 1990 von Akashi Plant gefertigten Miracle-Bohrer erwiesen sich jedoch leider nicht so profitabel wie erhofft. Die gleichzeitig produzierte Bohrerserie ZET1 sowie die neuen WSTAR-Bohrer hatten jedoch den verstärkten Einsatz der Miracle-Beschichtung in Bohranwendungen zur Folge. Für Schaftfräser wurde die neue Impact Miracle-Beschichtung mit der Einphasen-Nanokristall-Beschichtungstechnologie Al-Ti-Si-N entwickelt. Die Kombination dieser neuartigen Beschichtung mit einem geeigneten Hartmetallwerkstoff führte zur Einführung der Impact Miracle-Schaftfräser. Mit der Einführung der neuen Generation von Impact Miracle-Schaftfräsern konnten HSS-Werkstoffe gefräst werden, was vorher nur durch Schleifen oder Erodieren möglich war.

WSP (VP15TF) mit Miracle-Beschichtung
Impact Miracle-Beschichtung mit integrierten Nanokristallschichten
Miracle-Bohrer der Serie MZS – VHM-Bohrer

Teil 4. 2012~ Die Weiterentwicklung der Miracle-Serie

Leistungsstarke Produkte mit PVD-Beschichtungen wurden mit dem Schwerpunkt auf der Vielfalt von Anwendungsbereichen weiterentwickelt. Mit ihrer Kombination aus Technologie und verschiedenen Beschichtungen für viele Anwendungsbereiche haben sich PVD-Beschichtungen kontinuierlich und immer schneller verbessert. Die fortschrittlichste Serie von PVD-Beschichtungen von Mitsubishi Materials ist „Miracle Σ.“ Die Smart Miracle-Beschichtung der Serie Miracle Σ wurde für die Bearbeitung von schwer zu bearbeitenden Werkstoffen entwickelt. Diese neu entwickelte Al-Cr-N-Beschichtung sorgt bei der Bearbeitung von Nickelbasis- und Titanlegierungen für eine lange Werkzeugstandzeit. Dank der ZERO-μ-Oberflächentechnologie konnten die Adhäsion des zu bearbeitenden Werkstoffs und der Schnittwiderstand erheblich reduziert werden, mit unerwartet effizienten Ergebnissen.

Mit den Frässorten MP61, MP71 und MP91 wurden sechs verschiedene WSP auf den Markt gebracht. Diese Sorten werden individuell optimiert, um den hohen Anforderungen bei der Werkstoffbearbeitung nach ISO P, ISO M und ISO S gerecht zu werden. Die häufig durch Fräsen verursachten Probleme durch Abrieb und thermische Risse werden durch eine nanolaminierte Al-Ti-Cr-N-Beschichtung (TOUGH-Σ-Technologie) behoben. Für Dreh-WSP wurde die Serie MP90 für schwer zu bearbeitende Werkstoffe eingeführt, die auf dem aluminiumhaltigen Verbundwerkstoff Al-Ti-N, einem besonderen Merkmal der Miracle-Beschichtung, basiert. Für Bohrer wurde die vielseitige Sorte DP1020 entwickelt, die in Kombination mit der nanolaminierten Al-Ti-Cr-N-Beschichtung den Abrieb erheblich reduzieren konnte. Zudem konnte dank der einzigartigen ZERO-μ-Oberfläche und der TRI-cooling-Funktion mit Innenkühlung die  Temperatur an der Werkzeugschneide deutlich reduziert und die Spanabfuhr beim Bohren verbessert werden.

VQ Schaftfräser für schwer zu bearbeitende Werkstoffe
PVD-beschichtete Hartmetall-WSP für das Fräsen
WSP für schwer zu bearbeitende Werkstoffe

Fortschritt der Miracle-Beschichtung

In den 28 Jahren seit der ersten Einführung der Miracle-Beschichtung sind die Anforderungen an PVD-Beschichtungen immer weiter angestiegen. Entwicklung und Technologie werden weiterhin vorangetrieben, um Produkte auf den Markt zu bringen, die die Kundenerwartungen übertreffen.

Natsuki Ichimiya F&E-Abteilung für Beschichtungen

Entwicklung der Miracle-Beschichtung

Entwicklung der Miracle-Beschichtung